Träume, Märchen, Imaginationen. Personzentrierte Psychotherapie und Beratung mit Bildern und Symbole

Das Buch gibt psychotherapeutischen Laien etliche Schlüssel in die Hand , wenn auch nicht zum praktischen Einsatz, dann doch zur interessanten Einsichtnahme in diese geheimnisvolle, faszinierende Welt!

Buchtitel: Träume, Märchen, Imaginationen. Personzentrierte Psychotherapie und Beratung mit Bildern und Symbolen.
AutorInnen: Finke J
Verlag: E. Reinhardt
Erschienen: 2013

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Der Epilog des Buches bringt das Wesentliche des Anliegens des Autors auf den Punkt: Es geht um die therapeutische Arbeit mit den inneren Bildern: "Wir haben das mit den spontan auftauchenden Bildern der Träume getan, mit den systematisch evozierten Bildern des Imaginationsgesprächs und mit den  kollektiven Phantasiebildern der Märchen, die ihrerseits in uns eigene  Bilder stimulieren" (Seite 219).  Das Ziel der personzentrierten Arbeit mit inneren Bildern: "Das Zauberwort zu treffen,..das von Inkongruenz erlösende Symbol zu entdecken, das ressourcenmobilisierende Bild zu finden."

"Durch das Sichtbarmachen, durch das "Veräußerlichen" der Botschaft der inneren Bilder einerseits und Verinnerlichen hilfreicher Bilder andererseits sollen Synergien geschaffen werden, die Potenziale der Selbstentwicklung und Ganzwerdung  freisetzen." (Ebd.)

Gleich im Vorwort bringt der Autor eine weise Synthese ein:  Das Arbeiten mit Träumen, Imaginationen und Märchen sind verfahrensübergreifende  Methoden, "die aber hier so modifiziert werden, dass ihre Anwendung als weitgehend verfahrensspezifisch gelten kann" (Seite 11). Dementsprechend gliedern sich Einführung und die drei daran schließenden Teile (Arbeiten mit Träumen, Imaginationen in der Gesprächspsychotherapie, personzentrierte Arbeit mit Märchen) so, dass generelle Aussagen erfolgen und ergänzt werden durch den spezifischen Hinweis auf personzentriertes Verstehen und Arbeiten bzw.  auf  das personzentrierte spezifische Konzept. Durch diese Synthese wird eine echte Integration und nicht bloß Addition der Arbeit mit Bildern ermöglicht.

Der Autor verweist hauptsächlich auf die grundlegenden Ausführungen von Rogers, dem Begründer der Gesprächspsychotherapie. Das vermittelt einen gutfundierten geschlossenen Eindruck. Dennoch könnte da oder dort ein Hinweis auf andere Methoden befruchtend wirken. Einige Beispiele: So wird auf Seite 112ff den Imaginationen des Therapeuten eine empathieförderliche Wirkung zugeschrieben. (Der Therapeut macht sich ein Bild von seinem Patienten, das ihm hilft, diesen besser zu verstehen) Hier könnte man ergänzen, dass bei der Arbeit mit psychosenahen oder psychotischen Menschen die Imaginationen des Therapeuten mit den geäußerten des Patienten innerlich mitlaufen. Die oft fragmentierten Inhalte der Patientenbilder erfahren ein containing im Therapeuten und werden ganzheitlicher rückgemeldet. Ein weiteres Beispiel:  Als Grundlage für das personzentrierte Konzept wird auf die von Rogers formulierten Begriffe der Selbstaktualisierung und des organismischen Selbst hingewiesen (wir haben eine unbewusste Existenz, dieses ursprüngliche Selbst soll mit dem Konzept vom Selbst, das sich jeder macht, in Einklang kommen, kongruent werden). Hier wäre ein Vermerk bezüglich dem autogenen Prinzip (aus sich selbst entstehend) und der bionomen Idee (jeder besitzt eine körperliche Individualität, die sich nach einem eigenen, persönlichen Gesetz verwirklicht) interessant, wie sie J.H. Schultz 1951 in seinem Buch "Bionome Psychotherapie" formuliert hat. Ein letztes Beispiel: In der Einführung wird auf Seite 30f auf die Möglichkeit hingewiesen, ein Haus zu imaginieren. Hierzu gibt es z.B. in der Katathym imaginativen Psychotherapie eine reichhaltige Literatur. Gleichzeitig könnte man aber die Originalität des Autors erfassen, wenn er  eine neue Deutungsperspektive vorschlägt und das Haus als Sinnbild des eigenen organismischen Selbst  nahelegt.

Das Selbst hat eine zentrale Rolle in der personzentrierten Psychotherapie. Deshalb sollte beim Begriff des falschen Selbst, der viermal im Buch auftaucht (Seite 19f, 26f, 49,, 200ff) der Name Winnicotts zumindest einmal  erwähnt werden, der bekanntlich das Konzept vom falschen Selbst in die Psychoanalyse eingeführt hat. (Winnicott wird im Buch auf Seite 137 nur im Zusammenhang mit dem Ãœbergangsobjekt erwähnt).

Abgesehen also von einigen Anmerkungen  liegt mit dem Buch ein äußerst  gelungenes Projekt vor: Das Land der personzentrierten Psychotherapie um die Täler, Berge, Gipfel und Höhlen des "Irrationalen" Märchenhaften, Traumhaften und Imaginativen zu erweitern und für die therapeutische Selbsterkundung zugängig zu machen, indem konsequent den allgemeinen Ausführungen zu Traum, Imagination und Märchen spezifische Hinweise zum personzentrierten Vorgehen zur Seite gestellt werden. Damit ist eine bedeutsame instrumentelle Erweiterung des Rogerianischen Ansatzes gegeben, vergleichbar mit den Erweiterungen des sogenannten Focusing (das Achten auf innere Signale bei der Suche nach Selbstkongruenz) und  der Erlebnisaktivierung (Strategien zum "Auftauen eingefrorener Emotionen oder Emotionalität"). Wie bei diesen beiden Erweiterungen ist auch bei der Arbeit mit Träumen, Imaginationen und Märchen viel Lernen, Ãœben und Erfahrung Sammeln nötig, auch wenn die Imaginationen "sanft" aus den vom Patienten geäußerten Metaphern entwickelt werden ( "Ich fühle mich allein wie auf einer Insel" - "Beschreiben Sie diese Insel").  Mit anderen Worten:  Gesprächstherapeutinnen und -therapeuten, die dieses Buch lesen, gewinnen eine Menge an therapeutischen Einsichten und - nach entsprechender Einarbeitung - auch Repertoires. Aber auch andere Leser und Leserinnen können profitieren: Immerhin kennt ja jeder Märchen, hat Träume und kann sich an Phantasien und innere Bilder erinnern! Das Buch gibt  psychotherapeutischen Laien  etliche Schlüssel in die Hand , wenn auch nicht zum praktischen Einsatz, dann doch zur interessanten  Einsichtnahme in diese geheimnisvolle, faszinierende Welt!

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
27.05.2013
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/traeume-maerchen-imaginationen-personzentrierte-psychotherapie-und-beratung-mit-bildern-und-symbo.html
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