Die Schule der Zukunft – Schweden lernen anders

Robert Temel

Stellen Sie sich vor, dass es keine Klassen mehr gibt, keine Schulglocke, keine Stundenpläne, keine 45-Minuten-Einheiten, die Noten sind abgeschafft und die Schule sieht den Raum als dritten Lehrer.
Zukunftsvision? Keineswegs, denn an der schwedischen Schule „Futurum-Skola“ in Balsta ist das gelebter Schulalltag. Die Schule genießt internationale Beachtung als Best Practice-Beispiel aufgrund der zukunftsweisenden pädagogischen Konzeption und der besonderen Gestaltung der Lern- und Lebensräume. In den letzten Jahren besuchten etwa 8.000 Besucher/innen aus aller Welt aus 26 Ländern die Schule.

Logo der Futurum Skola

Die schwedische Maxime lautet: Der Raum ist der „dritte Erzieher“ des Kindes.  Diese Annahme stammt ursprünglich vom italienischen Pädagogen Loris Malaguzzi, ein Vertreter der Reggio-Pädagogik, der Kinder als Forscher, Musiker und Dichter ansah. Der Raum sollte demnach so gestaltet sein, dass er die Lernfreude und Fantasie der Kinder anregt.

„Kleine Schule“ in der „großen Schule“

Die Schule ist im räumlichen und sozialen Sinne „klassenlos“ und auch der Frontalunterricht wurde gänzlich abgeschafft.  Die Räume verlieren die typische Ausrichtung der Klassenräume, da die Möbel anders angeordnet und flexible Raumteiler im Einsatz sind. Neben der herausragenden architektonischen Gestaltung ist die enge Verknüpfung von innovativer Pädagogik und räumlicher Struktur wichtig, die zur Unterstützung des pädagogischen Konzeptes genutzt wird. Das Konzept der „kleinen Schule in der großen Schule“  besteht aus sechs „kleinen Schulen“, die zusammen die „große Schule“ bilden. Es gibt kaum zentrale Strukturen, die Lehrer/innen sind Teil kleiner Teams mit jeweils 16 Mitgliedern, die eine „kleine Schule“ betreuen. Etwa 160 Schüler/innen gehören einer solchen „kleinen Schule“ an. Sie sind in drei Altersstufen geteilt: Vorschule und erste Schulstufe (5-6-Jährige), danach Sechs- bis Elfjährige, und schließlich Elf- bis 16-Jährige. Wesentlich ist die Gemeinsamkeit über alle Jahrgänge, von den Fünfjährigen bis zu den 16-Jährigen.

Gelernt wird im Futurum nicht in abgeschlossenen, aneinandergereihten, identischen Klassenzimmern, sondern in Gruppen von unterschiedlichen Lernräumen, die jeweils um einen zentralen, großen Lernraum angeordnet sind. All diese Räume sind durch Verglasungen miteinander verbunden, sodass sie einerseits sehr hell sind und andererseits überall der Durchblick möglich ist. Wesentliches Arbeitsmittel ist der Laptop, den es in großer Zahl für die Schüler/innen gibt, und mit dem man von jeder Stelle der Schule aus ins hauseigene WLAN einsteigen kann.

Gleitzeit und Logbuch
Für die Schüler/innen beginnt der Unterricht mit einer einstündigen flexiblen Gleitzeit.  Man könnte also den Schulalltag später beginnen, dafür aber am Nachmittag länger bleiben.

Die Schüler/innen bestimmten das Lernpensum selbst, dazu dient ein individuelles Logbuch, welches mit pädagogischer Betreuung individuell – je nach Begabung und Lernvorlieben der einzelnen Schüler/innen -  geführt wird.  Das Logbuch wird einmal pro Woche von den Lehrkräften und Eltern gegengezeichnet und gleich ein Plan für die kommenden Tage erstellt. Lernberichte ersetzen bis zur 9. Klasse die Noten.

Für Hans Ahlenius, Mitbegründer der Schule,  steht jedoch fest: „Das Konzept von Futurum ist sicherlich nicht eins zu eins auf ein anders Land, wie etwa Österreich, übertragbar. Jede Schule muss ihr eigenes Konzept gestalten und den individuellen u. gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen“.

So gesehen kann man die Schule und ihr pädagogisches Konzept  als Anstoß für mehr Flexibilität bei der Schulgestaltung und -organisation sehen. 

Mit freundlicher Genehmigung von:
Autorin Gerlinde Knaus, Schreiben. Mussekunst. www.mussekunst.com
Gerlinde Knaus war lt. Angaben des Schuldirektors Hans Ahlenius die erste Journalistin aus Österreich, die die Futurum Skola im Rahmen einer selbst organisierten Journalistenreise besucht hat.

Zum Weiterlesen:
Artikel im „Steirischen Internetportal für Architektur und Lebensraum“:
http://grazarchitektur.at/pages/de/nachrichten/3041.html?ls=343f60db8dd82d8a6de2ad193f38309c

Artikel im Schattenblick aus „welt der frau – Die österreichische Frauenzeitschrift": http://www.schattenblick.de/infopool/sozial/paeda/spasc240.html

Buchtipp:
http://www.manz.at/list.html?inline=1&back=d4ceeeb1c2f987e879b1a66088760772&isbn=978-3-8309-1840-0&xid=612390&page=1

Bildquelle Außenansicht Schule: Robert Temel