Das waren die EDUdays

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Für all jene, die (noch) immer daran glauben, dass sich digitale Medien und E-Learning eines Tages in den heimischen Klassenzimmern durchsetzen werden, gibt es einige Fixpunkte im Jahreskreislauf.

 

Dazu gehören etwa die eLearning Conference in Eisenstadt, die Bildung Online in Hall, die eLC-Frühjahrstagung in Steyr – oder eben die EDUdays in Krems. Dass man bei diesen Veranstaltungen immer wieder gerne auf bekannte Gesichter trifft sei an dieser Stelle als Feature gewertet.

Die fabelhafte Welt der digitalen Medien und die unerträgliche Trägheit der Didaktik

Bei solchen Veranstaltungen wirklich Neues zu bieten ist grundsätzlich eine Herausforderung. Die EDUdays konnten hier jedoch einen spannenden Bogen schlagen – ein wenig Zukunftsmusik in den Keynotes, einige neue Einsatzideen für bekannte Tools und viele, viele Werkzeuge für den Alltag, die zwar schon lange da sind, aber immer noch nur sehr schleppend in den Unterricht vordringen. Und natürlich dreht sich vieles um die Trends Facebook und Apps.

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Augmented Reality in Unterricht und Schule

Augmented Reality ist eines der großen neuen Modeworte, die mit den Smartphones Verbreitung gefunden haben. Mit dieser Technologie wird die reale Umgebung mit virtueller Information angereichert. Kleines Beispiel: wer etwa die Kamera seines Smartphones in die Gegend hält und über die geeignete App verfügt, bekommt am Bildschirm Informationen wie die Namen der Gebäude, den Weg zum nächsten Restaurant oder ähnliches. Nice to have, aber nicht wirklich der Knaller.

Ähnliches galt für die Keynote zu diesem Thema von Reinhold Behringer. Kurz zusammengefasst ein recht ausführlicher Streifzug durch die Geschichte und der Beweis, dass auch diese Technologie nicht ganz neu ist, ein paar Anwendungen aus der Gegenwart und der Bericht über verschiedene weltweite Versuche, AR im Unterricht einzusetzen. Ja, es ist nett anzusehen, wenn für Schüler, ausgestattet mit entsprechender Hard- und Software, plötzlich Moleküle in 3D „greifbar“ werden oder sich auf den Seiten eines Buches Figuren bewegen. Doch bis das Ganze für den Unterricht serienreif wird werden noch einige Jahre vergehen…

Bis dahin denke ich zumindest darüber nach, wie bereits bestehende Anwendungen wie Wikitude und Digital Graffiti pädagogisch sinnvoll eingesetzt werden können.

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Schaufenster des Lernens – Auf dem Weg zu einer Mustersprache für E-Portfolios

http://prezi.com/rgwxnmzwxztg/schaufenster-des-lernens/

Peter Baumgartner ist ja nun auch nicht gerade ein Unbekannter der heimischen E-Learning-Szene. Und er hat eine Vision, nämlich „eine didaktische Handlungsanleitung, die praxisnah (=konkret) ist, und doch dabei viele Anwendungsfälle (=abstrakt) abdecken kann“. Denn er erkennt die Gefahr, dass die Theorie viel zu abstrakt und daher für den täglichen Einsatz nicht handlungsrelevant ist, die Praxis jedoch zu konkret auf spezifische Situationen abstellt und daher wenig Flexibilität lässt – beides wird daher nicht angewandt.

Baumgartner hat sich auf die Suche nach Prinzipien, Mustern und Modellen begeben und gleich eine ganze Menge gefunden. Und wer sich von diesem sehr umfangreichen und auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu durchschauenden System nicht abschrecken lässt, der wird durchaus belohnt. Die vielen Einzelbausteine und ihre recht schlüssig erklärten Kombinationsmöglichkeiten bieten für beinahe alle didaktischen Problemstellungen eine Handlungsanleitung. Dass Baumgartner die Gelegenheit für ein wenig Werbung für sein neues Buch nutzte sei ihm an dieser Stelle verziehen – bei mir hat es gewirkt. Und vielleicht liefert es ja einen Beitrag, E-Learning verstärkt auch in der Praxis zu verankern.

Mir hat er jedenfalls noch einen anderen schönen Gedanken mitgegeben: wir haben schon viele Lösungen, allerdings haben wir oft das Problem dazu vergessen… Bei allem Nach-Vorne-Schauen lohnt es sich daher auch hin und wieder, mal rückwärts zu denken.

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Schule GEHT heute ANDERS. Wie Sie Lehrer/innen von 1.0 zu 3.0 begleiten

http://www.edudays.at/images/sampledata/kral.pdf

Im Vergleich zu den vielen Zitaten im Vortrag hat Paul Kral den Titel nicht ganz so griffig hinbekommen. Aber dafür, dass er kein „DN“ (Digital Native) ist, sondern vielmehr ein „DT&EU“ (Digital Try & Error User) hat er einiges zu sagen.

Für Kral haben – wenig überraschend – die digitalen Medien nicht im vorhergesagten Ausmaß die Didaktik und die Schule erreicht. Und es wird noch „angsteinflößender“, denn die Öffnung des Unterrichts (im Sinne von E-Learning 2.0) macht den Unterricht unplanbarer, flexibler, konfliktvoller und arrangierter, und es braucht eine neue Betreuungsform der technologieunterstützten Lernprozesse, eine deutliche Fokussierung auf die Individualisierung der Schüler und eine völlig neue Prüfungskultur.

Die Strategien, die Kral auf dem Weg zu 3.0 empfiehlt, sind nicht wirklich neu, sie haben viel mit der Qualifikation von Lehrern, dem Willen und den Vorgaben, eingetretene Pfade zu verlassen, und nicht zuletzt mit den notwendigen Ressourcen zu tun. Das Ganze hat er auf 49 gut gestalteten Folien zusammengefasst, die an dieser Stelle wärmstens zur Durchsicht empfohlen seien.

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Generation Internet – das unbekannte Wesen in meiner Klasse

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Auch bei diesem Vortrag von Nando Stöcklin ist der Titel etwas trügerisch. Tatsächlich beschäftigt sich der Schweizer weniger mit dem unbekannten Wesen, sondern erklärt, dass neue Technologien schon immer neue Kulturen geschaffen haben. Das war schon so, als die Schrift die mündliche Weitergabe abgelöst hat, und noch mehr bei der Erfindung des Buchdrucks.

Stöcklin zeigt, welche umfassenden Konsequenzen der Einzug einer neuen Technologie in den Lebensalltag hat, welche Veränderungen das Internet jetzt schon bewirkt hat (CD vs. iTunes, Wikipedia vs. Brockhaus etc.) und dass es nicht sinnvoll ist, einfach nur Dinge online zu stellen, sondern das Internet einen völlig neuen Umgang mit Medien erfordert. Dabei ortet er eine Kluft zwischen der Lebenswirklichkeit der Schüler und dem Unterricht, eine Kluft zwischen den vermittelten Lerninhalten und der benötigten Kompetenz und nicht zuletzt eine Kluft zwischen den Lehrenden und ihren Schülern.

Zusammenfassend bleiben zwei wunderschöne Zitate aus der Präsentation stehen: „Wir sollten uns davor hüten, die Formen alter Technologien zu nutzen, um mit neuen zurechtzukommen – das bringt nichts“ und „Die Wikipedia funktioniert nur in der Praxis. In der Theorie würde sie nie funktionieren“.

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Learning Management vs. Beziehungsmanagement

http://www.edudays.at/images/sampledata/vogl.pdf

Ehrlich, den Vortrag hätte ich aufgrund des Titels beinahe verpasst – und das wäre sehr schade gewesen. Heiko Vogl hat an der PH Steiermark in drei unterschiedlichen Szenarien die praktischen Einsatzmöglichkeiten der Lernplattform, Facebook und ihrer Kombination verglichen und mir mit seiner Präsentation den bisher „griffigsten“ Praxisbericht für den Einsatz von Facebook im Unterricht geliefert.

Überraschungen sind auch hier ausgeblieben: es hat funktioniert, die Lernplattform und Facebook haben sowohl getrennt voneinander als auch in Kombination ihre Berechtigung, und wie so oft kommt es auf den richtigen Einsatz des richtigen Werkzeugs für die richtige Aufgabe an. In meiner nachfolgenden Diskussion mit einem Vortragsteilnehmer ist der schöne Vergleich „Die Lernplattform ist wie Lernen im Klassenzimmer, Facebook wie im Kaffeehaus“ gefallen.

Und was ist jetzt bei Facebook so anders? Ganz abgesehen von der „Du“-Ansprache hat sich gezeigt, dass die Schüler in Facebook wesentlich verantwortungsvoller mit der veröffentlichten Diskussion umgehen – sprich sie sind eigentlich „respektvoller“ damit umgegangen. Ach ja, und das Passwort haben sie auch nie vergessen… Durch die Zugänglichkeit über Smartphones bzw. als Teil eines ohnehin ständig genutzten Werkzeugs hat sich viel vom Lernprozess auch in die Freizeit verlagert. Und Facebook ist per se ein peer-to-peer-Medium, daher war auch die Feedback-Intensität zwischen den Schülern höher.

Vogl wird an der PH Steiermark weiter in diese Richtung forschen, und ich bin auf seine nächsten Ergebnisse gespannt. Und für alle, die es selbst probieren wollen, gibt es auf Seite 28 der Präsentation einen netten Guide, was Lehrer auf Facebook machen und nicht machen sollten.

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Und sonst noch?

Neben diesen subjektiven Highlights gab es natürlich noch viel mehr Hörenswertes. Da wäre mal „Bildergott“ Robert Mader mit dem Edugroup-Kooperationspartner bilderpool.at, der über 25.000 unter CreativeCommons frei abrufbare Bilder und Grafiken zur Verfügung stellt (http://www.edudays.at/images/sampledata/mader.pdf). Oder Andreas Riepl, der mit gamelabs.at eine ganz einfache Möglichkeit bietet, Spiele für den Unterricht selbst zu gestalten http://www.edudays.at/images/sampledata/riepl.pdf). Günther Schwarz hat das Referenzmodell für Digitale Kompetenzen für die Sekundarstufe I präsentiert (http://www.informatische-grundbildung.com/das-referenzmodell/), Daniel Leitner die Virtuellen Desktops der Education Group. Und dass das Schulbuch der Zukunft viel mehr kann dachten wir uns schon (http://prezi.com/jygg6vtnpyeg/das-schulbuch-der-zukunft-kann-viel-mehr/).

Wie man sieht – es gibt schon einen Grund, warum manche Veranstaltungen ganz einfach zu Fixpunkten im Jahreskalender werden. Daher noch ein herzliches Dankeschön an das Organisationsteam um Gerhard Schwed und Gerhard Brandhofer für mehr als gelungene EDUdays 2012 – und ganz sicher auf ein Wiedersehen am 3. und 4. April 2013!

Mag. Thomas Lumplecker