Gesamtschule bietet bessere Struktur

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Eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen bietet einen besseren strukturellen Rahmen für gute Schülerleistungen, reicht aber allein nicht aus, um diese auch tatsächlich zu erzielen. Gesamtschulländern gelingt es meist auch besser, die Ungleichheit der Schülerleistungen zu reduzieren.

Frühe Differenzierung nicht positiv

Zu diesen Ergebnisse kommt die Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw). Autor Kurt Schmid hat dafür unter anderem internationale Schülerleistungsstudien wie PISA, PIRLS oder TIMSS analysiert und anschließend die Strukturen und Inputfaktoren wie Ausgaben oder Schüler-Lehrer-Relationen miteinander verglichen. Es sei empirisch abgesichert, dass eine frühe äußere Differenzierung keine positiven Effekte zeigt. Laut Schmid würde ein Gesamtschulsystem sozioökonomische Benachteiligungen reduzieren.

Verbessung notwendig

"Im differenzierten System sind schon noch Ansätze drinnen, die man verbessern kann", meinte Schmid. "Gleichzeitig gibt es aber auch Grenzen": So kreiere die Einordnung in AHS-Unterstufe oder Hauptschule bzw. Neue Mittelschule Selbstbilder in den Jugendlichen. "Damit wird ein Stück des Weges festgelegt, den man erreichen kann. Die Einstufung bedeutet immer auch eine soziale Zuschreibung." Auf Seiten der Lehrer bietet unser Schulsystem die Möglichkeit, Schüler von der AHS in die Hauptschule bzw. Neue Mittelschule abzuschieben, anstatt sie zu fördern. Dass Argument, dass das System sowieso durchlässig sei, stimmt laut Schmid nicht: "Wenn man sich De-facto-Übertritte ansieht, gibt es eigentlich nur die von der AHS-Unterstufe in die Hauptschule, umgekehrt kaum."

Kriterien für Erfolg

Die Studie hält außerdem Kriterien fest, die ein erfolgreiches Gesamtschulsystem ausmachen. Zum einen ist dies eine leistungsfördernde Governance-Struktur mit Schulautonomie in finanziellen und personellen Angelegenheiten. Zum anderen externe Überprüfungen von Bildungsstandards, so der Leiter der bildungspolitischen Abteilung der WKÖ, Michael Landertshammer. Es sei außerdem notwendig, sich von der Selektionsorientierung abzuwenden, hin zu einer Orientierung an den Potenzialen der Kinder. Lehrkräfte müssen lernen, produktiv mit der Heterogenität der Schüler umzugehen und bräuchten dafür zur Unterstützung zusätzliches Potential.

"Übergangsmanagement" ausbauen

Es Vordergrund sollte momentan weniger die Systemumstellung, sondern vor allem das "Übergangsmanagement" stehen. Dieses müsse an den Schnittstellen, also etwa zwischen Volksschule und AHS-Unterstufe/Hauptschule, verbessert werden und die Individualisierung des Unterrichts ausgebaut werden. Dann müssten die Lehrer in Sachen Leistungsheterogenität geschult und eine sinnvolle Überprüfung der Bildungsstandards mit Rückmeldungen implementiert werden. Wenn das alles stehe, könne man dann auch die Schulautonomie einführen und am Schluss die Schulverwaltung neu gestalten.

Gesamtschule heißt noch keine perfekte Schulwelt

Eine perfekte Schulwelt entseht jedoch auch durch die Gesamtschule nicht. "Bestimmte Dinge wie die Risikogruppe der schlechten Schüler oder eine gewisse Vererbbarkeit von Bildungschancen kann man nicht auf null drehen", so Schmid. "Aber man kann sie verringern." So seien etwa in Finnland während der Pflichtschulzeit ein Drittel der Schüler in einer längerfristigen Fördermaßnahme. Dort betrage die Risikogruppe der schlechten Schüler fünf bis acht Prozent. "Bei uns gibt es diese Form der Unterstützung nur anekdotisch - und unsere Risikogruppe ist bei 25 Prozent."