Konflikt im Klassenzimmer

In zwischenmenschlichen Beziehungen sind Konflikte unvermeidlich und die Lehrer-Schüler-Beziehung bildet hierin keine Ausnahme. So wird in diesem Artikel eine Situation im Klassenzimmer mit drei unterschiedlichen Methoden behandelt (Konflikt-Situationsbeispiel).

Die Streitschule Linz + Graz

 
 

Konflikt

im Klassenzimmer (Quelle

"Lehrer-Schülerkonferenz" Thomas Gordon)

In zwischenmenschlichen Beziehungen sind

Konflikte unvermeidlich und die Lehrer-Schüler-Beziehung

bildet hierin keine Ausnahme.

Im Anschluss finden Sie ein Konflikt-Situationsbeispiel – dargestellt

drei Mal – mit unterschiedlichen Methoden behandelt.

In Methode I und II wird das Prinzip „Sieg

und Niederlage“ veranschaulicht.

Der Einsatz von „Macht“ – einmal vom Lehrer – ein anderes

Mal vom Schüler, ist hier zentrales Handlungsmittel. Diese Form, Konflikte

zu behandeln birgt die Gefahr, dass sich diese in den „Untergrund“ bewegen

und somit weiter schwelen und sich somit noch verstärken.

In Methode III wird die Behandlung des Konfliktes

durch den Einsatz von Ich-Botschaften, durch aktives Zuhören und lösungsorientiertes

Verhandeln und Handeln geprägt.

Beispiel behandelt

nach dem Prinzip – „Der Lehrer ist Sieger“

Herr J. beginnt mit seinem naturwissenschaftlichen Unterricht gern mit einer

kurzen mündlichen Angabe der Dinge, die im Unterrichtsverlauf erledigt

werden sollen.

Die Schülerin Bettina kommt häufig zu spät zur Stunde, deshalb

muss der Lehrer seine Informationen ihretwegen wiederholen oder ihre Fragen

beantworten, da sie nicht weiß, welche Aufgaben sie erledigen soll.

Folgender Dialog entwickelt sich:

Lehrer:
Wenn Sie verspätet hier ankommen, verpassen Sie die Instruktionen, die ich gleich zu Beginn der Stunde gebe. Dann muss ich mir extra nochmals die Zeit nehmen, um Ihnen Anweisungen persönlich zu geben. Ich bin das jetzt leid.
Bettina:
Ich gehöre nun mal zum Redaktionsstab für unser Jahrbuch an, und wir haben im Augenblick wirklich viel zu tun, um die von der Druckerei gesetzten Termine einzuhalten. Deshalb habe ich mich verspätet.
Lehrer:
Ich weiß, dass Sie zu den Herausgebern des Jahrbuches gehören und dass diese eine wichtige Aufgabe ist, aber mein Unterricht ist auch wichtig. Sie bekommen Ihren Abschluss nicht, wenn Sie diesen Kurs nicht beenden.
Bettina:
Die schriftlichen Arbeiten habe ich ja wohl alle geschafft, oder? Ich sehe nicht ein, dass ich mich so abhetzen soll, nur damit es Ihnen erspart bleibt, mir nochmals in ein paar Worten zu sagen, was ich tun soll. Was ist denn daran so schlimm?
Lehrer:
Ich habe es mir ja auch eine ganze Weile schweigend angesehen, aber ich habe es jetzt satt, Sie wie eine Primadonna zu behandeln, nur weil Sie noch diesen anderen Job haben. Von jetzt an kommen Sie pünktlich oder gar nicht mehr!
Bettina:
Aber,….
Lehrer:
Kein „aber“. Wenn Sie die Punkte für diesen Kurs haben wollen, kommen Sie pünktlich wie alle anderen auch. Nun setzen Sie sich.
Bettina:
(ärgerlich)
Nun gut, ich werd´s versuchen……

 

Selbe Situation nach

dem Prinzip – „Der Schüler

ist Sieger“

Lehrer:
Wenn Sie verspätet hier ankommen, verpassen Sie die Instruktionen, die ich gleich zu Beginn der Stunde gebe. Dann muss ich mir extra nochmals die Zeit nehmen, um Ihnen Anweisungen persönlich zu geben. Ich bin das jetzt leid.
Bettina:
Ich gehöre nun mal zum Redaktionsstab für unser Jahrbuch an, und wir haben im Augenblick wirklich viel zu tun, um die von der Druckerei gesetzten Termine einzuhalten. Deshalb habe ich mich verspätet.
Lehrer:
Ich weiß, dass Sie zu den Herausgebern des Jahrbuches gehören und dass diese eine wichtige Aufgabe ist, aber mein Unterricht ist auch wichtig. Sie bekommen Ihren Abschluss nicht, wenn Sie diesen Kurs nicht beenden.
Bettina:
Ich muss nicht unbedingt Ihren Kurs wählen. Ich kann auch zu Frau Berger´s Gruppe überwechseln.
Lehrer:
Ihre Gruppe ist bereits voll. Unsere Gruppe ist die kleinere. Ich glaube kaum, dass Sie in Frau Berger`s Gruppe aufgenommen werden.
Bettina:
Oh, die nimmt mich schon und sie wird nicht so an mir herummeckern, nur weil ich wegen einer anderen wichtigen Arbeit ein paar Minuten zu spät komme. Wenn Sie unbedingt meckern wollen, warum knöpfen Sie sich nicht mal die Jungen vor, die dauernd in den Toiletten rauchen?
Lehrer:
Nun hören Sie mal zu. Ich will an niemandem rummeckern und ich versuche, gut mit jedermann auszukommen. Und gewiss möchte ich nicht, dass Sie in eine andere Gruppe gehen.
Bettina:
Irgend etwas muss ich ja schließlich unternehmen, wenn meine Verspätung Sie so stört – und dabei komme ich noch nicht mal jeden Tag zu spät.
Lehrer:
Nun gut, sprechen wir nicht mehr davon. Wenn Sie zu spät kommen müssen, kommen Sie eben zu spät. Ich hoffe bloß, es kommt nicht jeden Tag vor.

Anders als im ersten Fall widersetzte sich

diesmal die Schülerin der

Konfliktlösung des Lehrers, indem sie ihre eigenen Geschütze auffuhr

und drohte, zu einer anderen Gruppe überzuwechseln. Der Lehrer gab nach,

war aber nicht glücklich über diese Lösung.

Die Haltung des Lehrers und des Schülers ist in beiden Fällen ziemlich ähnlich.

Jeder denkt: Ich will meine Lösung durchsetzen und ich bin bereit, dafür

zu kämpfen. Zusätzlich zu dieser „Kampfhaltung“ zeigt

sich noch eine andere Einstellung die folgendermaßen beschrieben werden

könnte: Wenn du es nicht magst wie ich, ist das dein Pech.


Selbe Situation nach dem Prinzip – „Konfliktlösung

ohne Niederlagen“


Bei dieser Konfliktlösungsmethode geht es darum, dass die am Konflikt

beteiligten Personen sich zusammenschließen, auf der Suche nach einer

für beide Teile akzeptablen Lösung, einer Lösung, bei der niemand

unterliegt. Die „Säulen“ der Kommunikation wie „Ich-Botschaften“ und „aktives

Zuhören“ sowie „lösungsorientiertes Verhandeln“ treten

hier in den Vordergrund. Es wird ein „Prozess“ in Gang gesetzt,

der von Beginn des Konfliktes bis zur Lösung einige Interaktionen der

Beteiligten nötig macht.

Nochmal das Konfliktbeispiel:

Herr J. beginnt mit seinem naturwissenschaftlichen Unterricht gern mit einer

kurzen mündlichen Angabe der Dinge, die im Unterrichtsverlauf erledigt

werden sollen.

Die Schülerin Bettina kommt häufig zu spät zur Stunde, deshalb

muss der Lehrer seine Informationen ihretwegen wiederholen oder ihre Fragen beantworten,

da sie nicht weiß, welche Aufgaben sie erledigen soll.

Folgender Dialog entwickelt sich:

Lehrer:
Wenn Sie verspätet hier ankommen, verpassen Sie die Instruktionen, die ich gleich zu Beginn der Stunde gebe. Dann muss ich mir extra nochmals die Zeit nehmen, um Ihnen Anweisungen persönlich zu geben. Ich bin das jetzt leid. (Ich-Botschaft)
Bettina:
Ich gehöre nun mal zum Redaktionsstab für unser Jahrbuch an, und wir haben im Augenblick wirklich viel zu tun, um die von der Druckerei gesetzten Termine einzuhalten. Deshalb komme ich jetzt oft zu spät.
Lehrer:
Ich verstehe. Sie sind mit Ihrer Arbeit am Jahrbuch so unter Druck, dass Sie manchmal verspätet zum Unterricht kommen. (Aktives Zuhören)
Bettina:
Ja, genau. Dazu möchte ich jedoch noch etwas sagen. Es könnte jetzt so aussehen, als ob ich Ihren Kurs nicht für wichtig hielte. Aber an Ihrem Kurs nehme ich das ganze Jahr über teil, während die Arbeit am Jahrbuch nur einige Wochen dauert. Verstehen Sie, was ich meine?
Lehrer:
Sie meinen, Ihr Zuspätkommen ist nur vorübergehend. Nun ja, Sie waren ja auch bis vor wenigen Wochen immer pünktlich. Das hat sich jetzt zwar geändert, wird aber nur vorübergehend sein. Ist das richtig? (Aktives Zuhören)
Bettina:
Ja, Ende nächster Woche sind wir wahrscheinlich mit den Korrekturen fertig. Dann kann ich wieder pünktlich sein.
Lehrer:
Das Problem wird sich also bald von selbst lösen? (Aktives Zuhören)
Bettina:
Ja.
Lehrer:
Jetzt verstehe ich, warum Sie in letzter Zeit zu spät kommen, aber das stört mich eigentlich gar nicht. Was mich stört ist, dass ich meine jeweilige Arbeit Ihretwegen unterbrechen muss, um Ihnen zu erklären, was Sie tun sollen. Das möchte ich nicht mehr tun, auch nicht mehr ein paar Tage lang. Haben Sie eine Idee, wie wir das ändern könnten?
Bettina:
(denkt nach)
Ich könnte meiner Freundin mein Tonband mitgeben und sie nimmt damit Ihre Instruktionen auf. Wenn ich dann zu spät komme, kann ich es mir leise anhören und erfahre so, was alle anderen schon wissen.
Lehrer:
Das ließe sich machen. Lassen Sie Gerda das Gerät an meinen Tisch bringen und ich sorge dann dafür, dass meine Anweisungen aufgenommen werden. Wenn Sie verspätet kommen, holen Sie sich das Gerät einfach von meinem Tisch ab.
Bettina:
In Ordnung. Morgen bringe ich das Gerät mit…….

Bei dieser Art der Kommunikation geht es

nicht um Standardlösungen sondern

es wird Kreativität im Such- und Findeprozess der Beteiligten freigesetzt

und lässt sie individuelle Lösungen für ihre individuellen

Probleme finden. Nur, dieser Prozess muss gelernt und geübt werden.

Quelle:
M.Mag. Fridolin F. Schwaiger, eingetr. Mediator & Daniela Mayrhofer eingetr. Mediatorin
4020 Linz, Stefan-Fechter Weg 4 Tel: 0732 / 77 66 11

 
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Veröffentlicht am
01.07.2001
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