Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin

Ein Buch, das nicht nur für praktizierende oder werdende Ärzte wichtig ist, sondern durch die vier Verständlichmacher - Einfachheit der Wortwahl, Gliederung, Prägnanz, Stimulanz - für eine breite Leserschicht trotz der schwierigen Thematik lesbar und lesenswert ist!

Buchtitel: Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin. Ein Lehrbuch
AutorInnen:
 Maio G
Verlag: Schattauer
Erschienen: 2012

Zum Inhalt

"Die Ethik ist eine Disziplin des systematischen Nachdenkens über das Gute und als solche seit jeher eine Teildisziplin der Philosophie. Ethik in der Medizin versucht, das systematisch-philosophische Denken in einen direkten Bezug zum konkreten Handlungs- und Reflexionsfeld der Medizin zu bringen. Durch eine solche Verbindung von Philosophie und Medizin kann mehr Klarheit darüber geschaffen werden, unter welchen Umständen und Voraussetzungen man wohlbegründet von einer guten Handlung oder einer guten Haltung in der Medizin sprechen kann." So umreißt der Autor, studierter Arzt und Philosoph, das Gebiet der Medizinethik (S 3), dem er sich an der Universität Freiburg widmet. Das Zitat macht auch zugleich sichtbar, was als besondere Stärke dieses Buches gelten kann:  Schwierige Gedanken in einer gehaltvollen und zugleich unprätentiösen Ausdrucksweise zu vermitteln.  Und etwas weiter unten führt Maio auch sein fachliches Credo: " Dass gerade die Medizin ein ethisches Reflektieren notwendig macht, liegt vor allem daran, dass Medizin mehr ist als eine angewandte Naturwissenschaft. Medizin verweist auf den Menschen, der behandelt werden soll, ja Medizin konstituiert sich erst über den Menschen" (ebd). Für Maio ist ethische Grundreflexion ein integraler Bestandteil der Medizin, die nicht nur das Wie naturwissenschaftlich zu ergründen sucht, sondern über die Fakten hinaus auch nach dem Warum und Wozu, d.h. nach dem Sinn und der Bedeutung von Zuständen und Ereignissen für den Menschen und das menschliche Leben fragt.

Das Buch bringt im ersten Teil philosophische Grundlagen und widmet sich der Pflichtenethik, der Nutzenethik und der Tugendethik, der Bedeutung für die Begründung  ärztlichen Handelns er aufzeigt, aber auch die jeweiligen Positionen in ihren Grenzen beschreibt. Im zweiten Teil geht es um die historischen Grundlagen: das antike Konzept der Medizin,  die Auffassungen in der Neuzeit und danach (z.B. das Maschinenmodell gegenüber dem Lebenskraftkonzept). Oder die Wandlungen des Rollenverständnisses des Arztes: Berater, Helfer, Freund, Techniker.

Teil III ist das Herzstück des Buches : Medizinethische Prinzipien wie Berücksichtigung von Autonome, von Schadensvermeidung, Fürsorge, Gerechtigkeit  werden in Hinblick auf die Arzt-Patient-Begegnung reflektiert. Dabei ergeben sich Spannungsfelder wie etwa das zwischen Autonomie und Fürsorge oder zwischen Patientenwünschen und Zielen der Medizin; aber auch die Kollision von Schweigepflicht und Patientenwohl, um nur einige Beispiel zu nennen. Die Arzt- Patient-Beziehung soll eine dialogische Vertrauensbeziehung sein. Hier ergeben sich starke Spannungen z.B. in der Psychiatrie und deren manchmal unumgänglichen Zwangsmaßnahmen. Ein herausforderndes Thema  in diesem Zusammenhang stellt die Psychochirurgie dar.

Der  vierte Teil befasst sich mit schwierigen Spezialthemen wie z.B. Stammzellenforschung, Pränataldiagnostik, Reproduktionsmedizin , die Frage der Freiwilligkeit bei Organspenden, Experimente am Menschen, um nur einige Themen zu nennen.

Der fünfte Teil setzt sich mit dem Pro und Contra der Sterbehilfe auseinander und bringt positive Akzente ein wie die Gelassenheit am Ende des Lebens und eine Kultur der Angewiesenheit, die weit über die derzeitige Debatte der Patientenverfügung hinaus reicht. Diesen Gedanken des vulnerablen und des auf Hilfe anderer angewiesenen Menschen greift der letzte Teil auch in Gegenüberstellung zu Konzepten des Menschen als Maschine, als atomistisches Einzelwesen oder als prinzipiell machbares Wesen auf.

Das Buch besticht auch durch die Fülle seiner Angebote: 39 Patientengeschichten, Abbildungen, Tabellen, Übersichten, medizinethische Dokumente, eine klare Gliederung und eine Auseinandersetzung, die jeweils am Schluss in ein Fazit mündet und das Wesentliche auf den Punkt bringt.

Ein Buch, das nicht nur für praktizierende oder werdende Ärzte wichtig ist, sondern durch die vier Verständlichmacher - Einfachheit der Wortwahl, Gliederung, Prägnanz,  Stimulanz  - für eine breite Leserschicht trotz der schwierigen Thematik lesbar und lesenswert ist!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
04.02.2013
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/mittelpunkt-mensch-ethik-in-der-medizin.html
Kostenpflichtig
nein