Psyche & Berg. 2 Kongressbände
Was hat der Berg mit der Psyche zu tun? Ja, der Aufstieg, der Abstieg können Angst machen, okay, das war´s dann! Oder?
Ladenbauer W (1996, Hrsg.): Psyche & Berg. Kongressband. 100 Jahre Bergrettung Internationales 1.Symposion in Puchberg am Schneeberg. Wien: Eigenverlag Dr.Wolfgang Ladenbauer.
Ladenbauer W (2001, Hrsg.): Psyche &Berg. Kongressband. Bergrettung. 2.Symposion in Puchberg am Schneeberg.. Wien, Niederösterreich: Eigenverlag der Landesorganisationen.
Zum Inhalt
Drei erwartbare Fragen der Leserschaft muss der Rezensent gleich zu Beginn aufgreifen:
1) Wie kommt ein Buch über die Bergrettung auf eine Plattform, in der Psychologie, Pädagogik, Medizin, Psychotherapie, Soziologie und Theologie, Philosophie dominieren?
2) Was hat der Berg mit der Psyche zu tun? Ja, der Aufstieg, der Abstieg können Angst machen, okay, das war´s dann! Oder?
3) Und schließlich: Das eine Buch ist 20 Jahre alt, das andere 15! Wieso diese Interessenswiedergeburt - falls diese überhaupt besteht?
Die dritte Frage lässt sich am raschesten beantworten: die Bergrettung in Österreich ist die älteste alpine Rettungsorganisation der Welt, sie wurde 1896 in Wien gegründet. Sie ist also heuer 120 Jahre alt. "Psyche & Berg" findet 14.-16.Oktober 2016 zum 4.Mal in Puchberg am Schneeberg statt. Die Jubiläen zeigen, dass hier eine Idee nicht nur lebendig ist, sondern sich weiter entwickelt.
Zur ersten Frage: Es lassen sich unschwer Gründe für die Berührung von Berg und Theologie, Psychologie etc. in freier Auswahl anführen: Meditation am Berg, Krisenintervention, Grenzsituationen, Risikoverhalten, Bergerfahrung als Instrument von Psychotherapie, "Gipfelerlebnisse" (die Chancen der Hereinnahme von Erlebnispädagogik könnten mehr genützt werden), Psychische Erste Hilfe, u.v.a.m.
Bleibt die zweite Frage: Was hat der Berg mit der Psyche zu tun? Eine erste Antwort liefert der Herausgeber selbst: Die im Rahmen der Bergrettung erfolgte Untersuchung über die Psychische Erste Hilfe ist weltweit die größte.
Eine weitere Antwort liefern die reichhaltigen Programmangebote der Kongresse. Die Schwerpunkte der Symposien wechseln, heuer steht das Spezifische der Bergunfalls im Mittelpunkt, also die Aspekte von Ungewissheit der Bergung, von der Dauer eines Abtransportes und vom Trauma ohne Täter, aber mit dem Thema Schuld. Von Seiten der Behandler daher die Aspekte der Psychischen Ersten Hilfe nach alpinen Unfällen und die unterschiedlichen Schwerpunkte einer Traumatherapie.
Eine schließliche Bestätigung des Anliegens, Psyche und Berg miteinander zu verbinden, findet der Leser in den beiden bisher erschienenen Kongressbänden, deren Themenvielfalt beeindruckt: Von der Symbolik des Berges bis zur im Psychodrama erlebbaren Bergerfahrung, vom Beispiel des "Ötzi" ausgehenden Betrachtungen von Kult und Riten im Zusammenhang mit Sterben und Tod bis hin zur Gipfelstunde, von der hypnotischen Kommunikation am Unfallort bis hin zum meditativen Bergsteigen, von grundsätzlichen Überlegungen zur psychischen Ersten Hilfe aus psychodynamischer Sicht bis hin zu verhaltenstherapeutischen Überlegungen zum Berg als Therapie - um nur einige Themen anzuführen.
Eine kleine kreative Alternativüberlegung: Bergrettung könnte sich nicht nur als "Rettung am Berg", sondern auch als "Rettung der Berge" verstehen. Die Hineinnahme der Ökologie, des Biotops, der soziopsychobiologischen Nische etc. könnte eine interessante Facette sichtbar machen. (Im zweiten Kongressband hat H.H.Stoiber den Naturschutzgedanken eingebracht, der schon in die Richtung "Rettung der Berge" weist).
Es könnte auch überlegt werden, inwieweit Aufklärung und andere Möglichkeiten der Prävention den interventiven Ansatz der "Rettung" noch mehr als bisher ergänzen könnten.
Die beiden Bände sind ein immer wieder lesbarer fruchtbarer "Zusammenstoß" von Grundlagen und Methoden des Helfens mit den spezifischen Anwendungsfeldern am Berg!