Psychosomatische Vorsorgemedizin

Das Buch weist viele positive Züge auf: Eine humane Haltung, Engagement, eine Fülle von Anregungen, eine interessante Zugangsweise zu einem Denken, das zunächst dem europäischen Ansatz „chinesisch“, d.h. fremd und exotisch bleiben würde. Wermutstropfen sind die verschiedenen Argumente für die...

Buchtitel: Psychosomatische Vorsorgemedizin. Seelische Balance Durch Polares Denken und Altchinesische Phasenwandlungslehre.
Autorinnen:
Badelt F
Verlag: Springer
Erschienen: 2008

...Notwendigkeit, dieses Buch zu schreiben. So wird, um nur einige Beispiele zu nennen, Freud, Adler, Jung, Frankl und Fromm und „diversen“ Psychotherapeuten relative Unverständlichkeit für die breite Bevölkerung attestiert (Seite 6), der westlichen Psychologie wird das Bewusstsein für die gesundheitsrelevante Balance der Kräfte abgesprochen (Seite 8) - dabei würde schon ein Blick in die sozialpsychologischen Konzepte etwa der Balancetheorie oder der Dissonanztheorie zur Revidierung dieser Aussage führen.

Aristoteles wird als Beispiel für das europäische nichtpolare Denken angeführt – wobei der Autor auf die Logik des Philosophen verweist, nicht aber etwa auf die Nikomachische Ethik, eine Ethik des Maßhaltens und des Ausgleichs zwischen Extremen. Das Buch hätte aufgrund seines originellen Ansatzes und seiner Ideenfülle diese plakativen Gegenüberstellung nicht nötig. Es plädiert zunächst für einen psychosoziale Gesundheitstheorie, beschreibt dann das polare Denken, weiters die altchinesische Elementenlehre als psychosoziales Entwicklungsmodell, um dann auf die polaren Aspekte des Kontakterlebnisses, der Sorgsamkeit, des Gewissens bzw. der Verantwortung und Ordnung, des Selbstbewusstseins, der persönlichen Leistung, der Entwicklungsatmosphäre einzugehen.

Das Buch befasst sich mit der psychosozialen Fehldynamik aus altchinesischer und aus westlicher Sicht, mit Selbsthilfemöglichkeiten für mehr Balance, mit Narzissmus und funktionellen Beschwerden und schließt mit einer Betrachtung wertvoller Psychotherapie und einem geistigem Prinzip für Heilung und Gesundheit, das auch religiöse Strebungen in sich aufnehmen kann. Nicht unproblematisch ist die Heranziehung der chinesischen Elementenlehre, die der Autor als Phasenwandlungssystem aufgreift, - wenn die Elemente Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz den psychischen Bereichen Kontakt, Sorgsamkeit, Verantwortung, Selbstbewusstsein, Selbstverwirklichung und Lust zugeordnet werden, und wenn die vorgegebenen (Wechsel-) Wirkungszyklen der chinesischen Elemente auf diese psychosozialen „Prinzipien“ übertragen werden.

Nur zwei Beispiele: Wasser könnte ebenso gut für Kontakt stehen wie Feuer, ebenso Erde, Holz, Metall. Man kann genügend Argumente dafür anführen. Auch die Zuordnungen der Wirkungen sind nicht zwingend, etwa die Zuordnung: Ohne Gewissen kein Selbstbewusstsein (hier wird Gewissen mit Reflexionsfähigkeit gleichgesetzt) (S 46), oder dass persönliche Entfaltung Sorgsamkeit begrenzt (ebd). Wer diese Annahmen nicht übernehmen will, hat dennoch eine anregende Literatur vor sich: Psychosomatische Risikofaktoren, Gegenstrategien, psychosoziale Regulationen, präventivpsychologische Überlegungen.

Für medizinisch versierte bzw. interessierte Leser ergibt sich zudem ein origineller, herausfordernder Zugang zum Verständnis des Meridianssystems.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
13.11.2008
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/psychosomatische-vorsorgemedizin.html
Kostenpflichtig
nein