Künstlerische Aufarbeitung der NS-Zeit

Zahlreiche Kunstschaffende haben sich seit dem Ende des 2. Weltkriegs der Aufarbeitung des Nazi-Terrors gewidmet. Um dem Vergessen entgegenzuwirken, bedienten sich die Künstler dabei verschiedener Kunstformen. Beim 9. Dialogforum Mauthausen wurden verschiedenste Beispiele gezeigt und diskutiert.

Dialogforum Mauthausen - Künstlerische Aufarbeitung des Nationalsozialismus

Von 18. bis 19. September 2017 fand im Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen das 9. Dialogforum Mauthausen mit dem Thema "Künstlerische Aufarbeitung des Nationalsozialismus" statt.

Der Aufarbeitung des Nazi-Terrors haben sich die Veranstalter in vier Themen-Panels gewidmet - "Bildende Kunst", "Literatur", "Film" sowie "Musik und Theater". Wir waren am ersten Tag mit dabei. Sowohl in der Bildenden Kunst, als auch in der Literatur sind die Zugänge höchst verschieden, aber alle haben das Ziel, aus Opfer- oder Tätersicht, das Geschehene anschaulich zu machen, zu erklären, zu hinterfragen und zur Diskussion zu stellen. Der wichtigste Punkt war allerdings, dass auch die künftigen Generationen diese Zeit nie vergessen dürfen. Denn nur so kann die Geschichte aufgearbeitet werden und in der Zukunft eine Wiederholung verhindert werden.

Gregor Holzinger: Das 9. Mauthausener Dialogforum

Der Historiker und Organisator des 9. Dialogforums Mauthausen Gregor Holzinger geht in seinem kurzen Impulsreferat auf die Bedeutung der künstlerischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus ein und spannt einen Bogen über Bilder, kunstvolle Alltagsgegenstände, Filme und Literatur vor und nach der Befreiung durch die Alliierten.

Matthias N. Lorenz – Günter Grass und die Waffen-SS. Eine literarische Spurensuche

Matthias N. Lorenz von der Uni Bern (Institut für Germanistik/Neuere Deutsche Literatur) begibt sich auf eine literarische Spurensuche basierend auf dem Geständnis im Buch "Das Häuten der Zwiebel" des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass im Jahre 2006, dass er Mitglied der Waffen-SS im 2. Weltkrieg war. Lorenz bedient sich zudem den Werken "Die Blechtrommel" (1959) und vor allem "Katz und Maus" (1961). Wie viel Schuldeingeständnis ist zu finden, wo schweigt Grass bzw. wo umschreibt er die wichtigen Dinge ("wortreich gemiedene Wörter") und wo distanziert er sich mit Hilfe der 3. Person?

Grass wurde nach Veröffentlichung des Buches nicht nur für den späten Zeitpunkt der Offenbarung seiner Zugehörigkeit zur Waffen-SS kritisiert. Die Zeit-Journalistin Evelyn Finger schrieb in ihrem Kommentar über Grass: "Skandalös ist die übertriebene Mea-culpa-Geste, mit der Grass jede wirkliche Auseinandersetzung verweigert. Unter dem pathetischen Vorwand einer Generalbeichte hat er allein seine Verteidigung organisiert." (Quelle: www.zeit.de/online/2006/33/Grass-Kommentar).

Christian Angerer: Kitsch und Kunst - Das KZ Mauthausen in der Literatur

Der Germanist Christian Angerer sprach beim 9. Dialogforum Mauthausen zum Thema "Kitsch und Kunst - Das KZ Mauthausen in der Literatur". Für ihn erfüllt die Literatur bei der Erinnerung an die Menschheitsverbrechen zwei komplementäre Aufgaben: Identifikation und Irritation. Um dieses breite Spektrum sichtbar zu machen, zeigt Angerer zwei extreme Beispiele, die sich zwischen Kitsch und Kunst bewegen. Heldenhafter Kitsch ist nach Angerer Otto Wiesners Erzählung "Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte". "Verstörnende Sprachkunst" nennt Angerer Heimrad Beckers (ehemaliges NSDAP-Mitglied) "Nachschrift". "Die beiden dargestellten Beispiele von Wiesner und Bäcker markieren extreme Positionen der literarischen Ästhetik des Erinnerns an die NS-Verbrechen. [...] Zwischen diesen Polen, zwischen Kitsch und Kunst, zwischen totaler Identifikation und höchster Irritation liefert uns die Literatur über das KZ Mauthausen und die Holocaustliteratur verschiedene Modelle dafür, wie wir mit der herausfordernden Erinnerung an die nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen umgehen können", so Christian Angerer abschließend.

Tanja Prušnik: Der Kärntner Partisanenkampf

Die Architektin und Künstlerin Tanja Prušnik gestaltete das Cover die 3. Neuauflage des Buches "Gemsen auf der Lawine", das ihr Großvater geschrieben hatte. Es handelt um den Kärntner Partisanenkampf im 2. Weltkrieg. Für Prušnik natürlich eine ganz besondere Aufgabe, der sie sich stellte. Im Vortrag erzählt sie ihre Herangehensweise und zeigt, welche Ergebnisse sie herausgebracht hat.

Vladimir Vertlib: "Wo liegt der Weg ...? Das Oratorium "... und alle Toten starben friedlich ..."

Der Schriftsteller Vladimir Vertlib wurde vom Komponisten Wolfgang R. Kubizek gebeten, den Text für das Oratorium "und alle Toten starben friedlich" zu schreiben. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau, die einen Weg sucht, mit der bedrängenden Geschichte des Massenmordes in den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern umzugehen. Sie weiß nicht, wie sie die emotionale und moralische Last verarbeiten soll. Die Uraufführung fand am 5.5.2007 am Appellplatz des ehemaligen KZ Mauthausen statt.

Publikumsfragen zum 9. Dialogforum Mauthausen

Das 2. Panel des Dialogforums Mauthausen handelte von der künstlerischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der Literatur. Die Referenten Christian Angerer (Autor & Germanist), Matthias N. Lorenz (Germanist) und Vladimir Vertlib (Schriftsteller) standen für Publikumsfragen zur Verfügung.

Zum Thema gibt es drei Medienpakete geeignet für die Mittel- und Oberstufe: Der 2. Weltkrieg, Kriegsverbrecherprozesse nach 1945 und Holocaust - Konzentrationslager

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