Hochmolekulare Verbindungen für Kunststoffe, Chemiefasern, Lacke und andere organische neue Werkstoffe wurden nach den beiden Verfahren der Polymerisation und Polykondensation synthetisch hergestellt. Die Grundlagenforschungen Otto Bayers führten ab 1937 zu einem neuen, dritten Verfahren, der Polyaddition.
"Ein sehr wesentlicher Unterschied gegenüber den üblichen Polymerisationsverfahren besteht darin, daß die Molekel-Verknüpfungen nicht über Kohlenstoff-, sondern über die Heteroatome Sauerstoff und Stickstoff zustandekommen. Das neue Verfahren besitzt eine weit größere Anwendungsbreite, als die Kondensations- und Polymerisationsverfahren zusammengenommen ... Man kann in der Tat jetzt wie ein Baumeister hochmolekulare Verbindungen, ausgehend von definierten Polyoxyverbindungen beliebiger Gestalt, ohne Schwierigkeiten konstruieren ..."
Der Ausbau der Isocyanatchemie ist das Ergebnis einer schönen Gemeinschaftsarbeit aus den Jahren 1937-1945. Manchmal war es ein guter Gedanke, oft eine glückliche Beobachtung und bisweilen auch geschickteste Experimentierkünste, die uns den Erfolg bescherten. Seit dem Start mit unserem grundlegenden DRP 728 981 vom 11. 11. 1937, von dem praktisch alle nachfolgenden abhängig sind, wurden allein aus den Laboratorien der ehemaligen IG-Farbenindustrie, vornehmlich aus dem wissenschaftlichen Hauptlaboratorium der IG Leverkusen bis Ende 1944 zirka 260 deutsche Patente auf diesem neuen Arbeitsgebiet angemeldet. Die wissenschaftlichen Arbeiten werden nicht nur von uns, sondern jetzt auch von zahlreichen Laboratorien des In- und Auslandes fortgeführt.
OTTO GEORG WILHELM BAYER (geb. 4.11.1902); 1921-1924 Chemiestudium Universität Frankfurt; 1925 Doktorexamen bei I. v. Braun; 1925-1927 dessen Assistent; 1933 Leiter des wissenschaftlichen Hauptlaboratoriums der IG Leverkusen; 1944 Professor für chem. Technologie Universität Köln; Vorstandsmitglied der Farbenfabriken Bayer, Leverkusen. 1982 verstorben |
Quelle: R. Sachtleben und A. Hermann; Grosse Chemiker; Ernst Battenberg Verlag Stuttgart 1960