Lesen und Schreiben: Experten wollen Umdenken im Unterricht

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Lesen und Schreiben sind durch technologische und soziale Veränderungen einem rasanten Wandel unterzogen. Wie die Schule darauf reagieren kann - darüber berateten im Juli mehr als 300 Experten aus über 40 Länder in Klagenfurt.

Lesen und Schreiben im Wandel

"Was ist Lesen und Schreiben eigentlich? Ein Ziel der Tagung ist es, dabei ein Umdenken zu erreichen. Es geht uns um stärkere Berücksichtigung von situationsangepasster Kommunikation im Unterricht", erklärt Margit Böck vom Institut für Deutschdidaktik, die Organisatorin der Tagung. "Der Motor, der mich dabei antreibt, ist die soziale Ungleichheit und die Frage: Wie kann man ihr entgegenwirken? [...] Wir sollten uns fragen: Was werden die Schülerinnen und Schüler brauchen - und wie kann man das vermitteln?"

Smartphones in den Unterricht einbeziehen

Ein Ansatz dabei lautet: Weg vom literarischen Lesen, hin zu einer größeren Vielfalt von Lese- und Schreibsituationen. Proteste, die in einer Veränderung des Literaturunterrichts den Untergang des Abendlandes sehen, hält Böck für überzogen. "Das ist nicht das Um und Auf - und es wäre nicht gut, das Lesen von Literatur gegen anderes auszuspielen." Auf der anderen Seite plädiert sie starkt für das Einbeziehen von Handys und Smartphones in den Unterricht. "Es muss darum gehen, neue Hilfs- und Kommunikationsmittel richtig in den Unterricht einzubeziehen und nicht darum, sie zu verbieten." Auch beim positiven Umgang mit unterschiedlichen Herkunftssprächen der Schüler sei man in klassischen Einwanderungsgesellschaften viel weiter als in Österreich.

Abschaffen von Handschrift geht zu weit

Was der Vorsitzenden der Austrian Literacy Association (ALA), jedoch zu weit geht, ist ein komplettes Abschaffen der Handschrift im Unterricht, wie es in Finnland gemacht wurde: "Ich bin aus vielen Gründen dagegen: Handschrift hat etwas mit Identität zu tun. Wenn ich etwas mit der Hand mache, dann produziere ich etwas, anstatt bloß etwas auszuwählen, ich aktiviere dabei auch ganz andere Gehirnprozesse. Und es fehlt mir der feste Glaube, dass wir immer in einer Gesellschaft leben werden, die ständig und ausreichend über Strom verfügt." Szenarien, in denen eine Gesellschaft ganz auf Schrift verzichtet und nur noch auf Sprache und Spracherkennungsprogramme setzt, sind für Böck eine Horrorvorstellung.