Gute Psychotherapie

Die Dissertationsschrift der Autorin wirft die Frage auf, welche individuellen und gesellschaftlichen Faktoren zur Wahl einer Psychotherapieausbildung beitragen und welche Faktoren die Entscheidung für die Verhaltenstherapie und welche für die Entscheidung für die Psychoanalyse maßgeblich sind.

Buchtitel: Gute Psychotherapie. Verhaltenstherapie und Psychoanalyse im soziiokulturellen Kontext (Schriften Des Sigmund-Freud-Instituts. Reihe 2: Psychoanalys)
Autorinnen: Lebiger-Vogel J
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Erschienen: 2011

Sie setzt sich damit auseinander, wie sich die globalisierte Ökonomisierung und die postmoderne Pluralisierung auswirken, und spürt den historischen Wurzeln der beiden in Deutschland kassenärztlich anerkannten Verfahren nach. Der Vergleich zwischen beiden Verfahren wird pointiert durch die Gegenüberstellung von empirischem Positivismus und hermeneutischem Konstruktivismus. Nach einem Kapitel über Identitätsentwicklung verfolgt die Autorin die Frage, wie die Verhaltenstherapie und die Psychoanalyse gesellschaftlich repräsentiert sind.

Es werden zahlreiche Hypothesen aufgestellt im Zusammenhang mit Vorstellungen über "gute Psychotherapie" vor dem Hintergrund des "Zeitgeists". Besonders interessant ist die qualitative Auswertung. Diese ergibt sieben Typen: Typ 1 ist der Mediziner als akademischer Handwerker-Chirurg; für Typ 2 ist Psychotherapie eine Option, eine gewisse Affinität zum nervenärztlichen Beruf besteht , ebenso eine Wertschätzung von Reden als Instrument; Typ 3 sieht die Psychoanalyse als Ursachenforschung an, den Dingen auf den Grund gehend; Typ 4 kennt die Psychoanalyse aus eigener Erfahrung als Patient und sieht die Verhaltenstherapie als Ausbildung als interessant an. Für Typ 5 steht der psychologische Verhaltenstherapeut außer Zweifel, an der Methode fasziniert die empirische Wirksamkeit bzw. ist auch die soziale Orientierung wichtig, z.B. die Kostenfrage. Typ 6 schätzt die Psychologie, strebt aber nicht nach der größeren zwischenmenschlichen Nähe der Psychotherapie. Typ 7 schließlich ist an Psychoanalyse als Kulturtheorie interessiert.

Die Studie bietet Diskussionsstoff , z.B. über die unterschiedlichen Präferenzen von Pädagogikstudierenden und Psychologiestudierenden; oder über die (manchmal diskrepante) individuelle Wahrnehmung eines Therapieverfahrens und seiner wissenschaftlichen Fundiertheit; oder über die Informationspräsenz der Therapierichtungen u. v. a.m. Die akribischen Fragestellungen heben sich wohltuend von einem Vorurteil ab, das in der Zunahme "harter" verhaltenstherapeutischer Orientierung gegen über den "weichen" psychodynamischen Methoden einen "wissenschaflichen" Fortschritten postuliert. Die tatsächlichen Motive sind wesentlich komplexer!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
14.01.2012
Link
https://pup.schule.at/portale/psychologie-und-philosophie/news/detail/gute-psychotherapie.html
Kostenpflichtig
nein