The Catalogue of Shipwrecked Books

Autor WILSON-LEE, Edward

Verlag London: William Collins 2018

Erinnert sich noch jemand an “Marbot”? Das ist eine 1981 erschienene fiktive Biografie, verfasst von Hildesheimer.

Ich dachte am Anfang der Lektüre der „Shipwrecked Books“, es müsse sich auch um eine Fiktion handeln, aber Hernando, ein illegitimer Sohn von Columbus, existierte tatsächlich und sein bizarres und ereignisreiches Leben (1488-1539) macht den Großteil dieses Buches aus, daher auch der Untertitel: „Young Columbus and the Quest for a Universal Library.“

Hernando ist seit Kindestagen viel mit seinem Vater unterwegs, daher erfahren wir auch so einiges über Columbus und seine Unternehmungen (in Übrigen genug, um Lust auf eine Columbus-Biografie zu machen). Kernstück aber ist die Geschichte eines Bibliomanen, der nicht nur wertvolle Bücher und Inkunabeln sammelte, sondern der sich auch den billigen Drucken und den Bildern nicht verschloss. Von seinen unglaublichen 15,000 Sammelobjekten blieben leider nur etwa 4000 übrig; wenn man bedenkt, dass Hernando bei einer seiner Reisen in zwei Tagen 300 Büchern gekauft hat, dann kann einen sowieso nur der Neid fressen über so viel möglichen Einkaufswahnsinn – und das ohne Amazon. Ewiger Geldmangel und wenig Würdigung erschwerten die Sammlertätigkeit zusätzlich; dennoch blieb es Hernandos Ziel, eine Universalbibliothek zu schaffen – und wer würde da nicht an Borges denken?

Rasch merkte er, dass es für diese zahlreichen Bücher und Bilder ein eigenes Klassifikationssystem bräuchte. Hernando entwickelte daher Kataloge, die nicht nur alphabetische, sondern auch Sach-Verzeichnisse waren, er lieferte Kurzinhalte, sodass wir heute noch wissen, was uns alles verlorenging. Er hat gleichsam internetmäßig gearbeitet, ohne die bequemen Klicks zur Verfügung zu haben, und ist damit ein Pionier der Bibliothekswissenschaften. Der wunderschöne Titel stammt von ihm selbst; so auch die desaströse Erfahrung, dass ein Vermögen an Büchern bei einer Schiffskatastrophe verloren ging.

Wilson-Lees Buch ist jedem Bibliophilen nachdrücklich zu empfehlen, auch wenn er sich manchmal in Details verliert und einen Fußnotenberg errichtet. Wer nach ordentlichem Staunen sucht, der wird hier reichlich belohnt.

pp. 401

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2019
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/detail/the-catalogue-of-shipwrecked-books.html
Kostenpflichtig
nein