The Testaments

Autor ATWOOD, Margaret

Verlag London: Chatto&Windus 2019

1985: “The Handmaids’s Tale” – dann Film, Fernsehserie, Comic. Und immer die nagende Unruhe – wer weiß, was Frauen passieren kann. Dies wird nicht zuletzt durch Trumpism und durch muslimische Kohorten bestärkt.

Offreds Schicksal ist noch ungewiss geblieben, aber am Ende von „The Testamens“ wissen wir, Gilead ist Geschichte, wenn auch einigermaßen ungesicherte Geschichte. Wenn wir allerdings den vorliegenden Zeugnissen (Testaments) glauben, dann wird doch so einiges erhellt.

Drei Frauen erzählen hier von ihrer Geschichte und der Geschichte des Staates. Agnes lebt in Gilead, entkommt einer schrecklichen Verheiratung, lebt ein Leben, das aus „tiptoeing and eavesdropping“ besteht, auch dann, wenn sie als künftige „Aunt“ in privilegierter Position zu sein scheint. An ihr zeigt sich, wie Erziehung den Menschen prägt und an der Entfaltung hindert.

Daisy (16), die ein berühmtes Schicksal, lange unwissentlich, mit sich herumträgt, wächst in Kanada auf, aber ihr Weg führt sie nach Gilead. Sie gehört zu den fast geschichtsmächtigen Personen, wirkt daher auch teilweise nicht ganz so glaubhaft, weil überhöht.

Und dann ist da schließlich Aunt Lydia, die mit dem Aufstieg und Fall von Gilead verbunden ist. Sie ist die spannendste, differenzierteste Erzählerin. Sie weiß Bescheid über die Wahl: „up or plummet“; und sie ist daher die konsequenteste Autoritätsperson und die konsequenteste Intrigantin. Es ist eine Freude, als Leser mitzuverfolgen, wie ruchlos und elegant sie die Geschicke leitet. Trotzdem gilt für alle die alte Warnung aus „The Handmaid’s Tale“: „You don’t believe the sky is falling until a chunk of it falls on you.“

Atwood hat sich nicht zuletzt aus politischen Motiven bemüßigt gefühlt, eine Fortsetzung ihres Erfolgsromans zu schreiben; und es gibt wohl keine wonnegruseligere Art als ihren Roman, die Angst vor Totalitarismus zu schüren; wie wir beobachten können: Sie schürt zu Recht. Erzählerisch ist das allerdings ein Festmahl, ein überaus spannendes noch dazu. Schön wär’s, wenn man von dem Buch sagen könnte: prodesse et delectare. Aber das wird wohl von uns Leserinnen und Lesern abhängen. Das werden jedoch nicht jene sein, die zur Mitte-Rechts-Dominanz in Österreich beitragen.

P. S. Atwood hat – entgegen allen Usancen – für „The Testaments“ den halben Booker bekommen; verdient hat sie ihn jedenfalls; und im Dezember mehr über die andere Hälfte.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.11.2019
Link
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nein