Was mich am meisten bei ihren Büchern beeindruckt, ist die gründliche Recherche, so auch hier, wo sich alles um „The Life of St. Guthlaf“, „The Book of Margery Kempe“, um Aberglaube und Wahnsinn und um ein unheimliches Haus an einem Moor in Suffolk dreht. Der Zeitrahmen umfasst ein bisschen mehr als die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, wo noch bizarres Verhalten und Misogynie fröhliche Urständ feierten.

Maud, die bei ihrem Vater, einem Historiker, im unheimlichen Haus aufwächst, ist 16 und ein verschlossenes, einsames und – wie sie meint – äußerst unansehnliches Kind. Was Freude macht, wird ihr verboten, der Vater, Edmund Stearne, führt ein strenges Regiment, arbeitet und reist viel und erholt sich nur dann, wenn er über das junge Dienstmädchen herfällt (was er ganz in Ordnung findet).

Im Jahr 1913 dann, als Maud 16 ist, tötet er die erstbeste Person, die ihm über den Weg läuft, mit Eispickel und Hammer. Warum er das tat (und ob das wirklich die erstbeste Person war), wird im Laufe des Romans enthüllt, weil in den 60er-Jahren ein neugieriger Journalist die Sache wieder aufwärmen will. Stearne verbrachte den Rest seines Lebens in einer Anstalt, wo er in Riesenbildern jede Menge kleiner Teufel versteckte, denn ein Auslöser für seinen Wahnsinn war ein Teufel in einem Bild in der Kirche (einem sog. „Doom“). Gleichzeitig treibt ihn seine Recherche zum „Book of Alice Pyett“ (vgl. Kempe) zur Verzweiflung.

Maud hat Zugang zu den Tagebüchern des Vaters, ist also stets über seinen Geisteszustand informiert und nimmt auch die Gelegenheit wahr, subtile Racheschritte zu setzen. Eine späte Genugtuung erfährt sie aber erst am Ende des Romans.

Paver, Altmeisterin der Spannung, führt uns in eine engstirnige und gnadenlose Welt. Allein die männlichen Machtphantasien eines Edmund Stearne lehren einen das Gruseln, da braucht es gar nicht allzu viele Schauerelemente. Trotzdem hat Paver eine ‚gothic novel‘ geliefert, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

pp. 359 | 5./6. Klasse