Normal People

Autor ROONEY, Sally

Verlag London: faber&faber 2018

Rooneys Zweitling, eines der meistgelobten Bücher des Jahres 2018, war schon drauf und dran, in meinem Demnächst-Lesen-Bücherberg unterzugehen, da hat mich eine ehemalige Schülerin (ta, Johanna) dazu gedrängt, es gleich zu lesen.

Was mich, so nebenbei, dazu veranlasst hat, darüber nachzudenken, ob dieser Roman von Jungen und Alten ganz unterschiedlich gelesen werden könnte.

Für mich alten Leser ist es ein großartiges Buch; nicht so sehr, weil es das Auf und Ab und Nebenher einer Beziehung außerordentlich subtil und spannend illustriert, sondern auch, weil Rooney es schafft, einen Spannungsbogen innerhalb der ‚Normalität‘ zu ziehen, der seinesgleichen sucht.

Wir schreiben die Jahre 2011-2015, die Schauplätze sind vorwiegend Carricklea, Co. Sligo, und Dublin. Marianne, aus reichem Haus und eine Außenseiterin in der Schule, freundet sich geheim (!) mit Connell, freundlich-talentierter junger Mann aus armem Haus, an. Bald schlafen sie miteinander, aber auf Connells Wunsch weiß niemand von ihrer Beziehung. Ein paar Freuden und Kränkungen weiter finden wir die beiden in Dublin (Trinity) wieder; trotz neuer Beziehungen können und wollen sie nicht voneinander lassen; so geht es Jahr um Jahr, die Beziehung erschlafft und belebt sich, letztendlich (bei offenem Ende) müssen beide erkennen, dass sie unverbrüchlich miteinander verbunden sind – aber wie?

Rooney hat zwei großartige Charaktere erschaffen: Beide auf ihre Art Außenseiter, möchten sie sich zumindest den Anschein von ‚normal people‘ geben; Connell steuert wohl auf ein irisches Schriftstellerschicksal zu, Marianne findet, sie hat es geschafft, als niemand sie preist und niemand sie tadelt. Beide sind intelligent, sensibel und scheitern doch immer wieder bei Gesprächen – oder auch beim Sex.

Für mich ist es ein vergleichsweise endloser Beziehungs-Prozess, der zwar spannend ist, aber für meine Generation vielleicht eher untypisch. Darum meine Annahme, dass junge Leser/innen den Roman vermutlich anders lesen – wenn es so etwas wie einen Twen-Roman gäbe, dann wäre dies wohl ein solcher (und Rooney ist ja auch Jahrgang 1991).

Was aber für alle gilt, ist die schlaue Erzähltechnik: Linearität wird nur suggeriert, es schleichen sich viele Rückblenden und Schlenkerer ein. Viel wird vom Alltag berichtet (Studentenleben etc.), viel wird mit Brüchen erzählt, die gleichzeitig spannend und banal sind. Da beginnt ein Kapitel etwa, nachdem das vorige mit einem der häufigen Missverständnisse zwischen Marianne und Connell geendet hat, mit: Marianne is reading the back of a yoghurt pot in the supermarket. Und man merkt: Das passt so!

Warum das Buch es nicht zumindest auf die Booker-Longlist geschafft hat, ist mir übrigens ein Rätsel.

pp. 266

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.02.2019
Link
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