The Night Ocean

Autor LA FARGE, Paul

Verlag New York: Penguin 2017

Das sind die Bücher, die ich liebe! Voller Intertextualität, gut und klug geschrieben, neugierig auf andere Bücher machend etc.

La Farge schreibt über einen eher erfolglosen schwarzen Schriftsteller, der sich ins Leben von H. P. Lovecraft (1890-1937) verbeißt. Verständlich – denn der Altmeister des Horrors und Schöpfer des Cthulhu-Kultes treibt sich bis heute in den Köpfen und Büchern herum, und ich habe fast keine Klasse erlebt, wo nicht ein-zwei Lovecraft-Fans saßen. HPL war natürlich nicht nur ein höchst seltsamer Mensch, sondern auch Rassist und Antisemit. Aber nicht da setzt La Farge ein, sondern bei HPLs Privatleben. Vor allem 1934 ist ein Angelpunkt, denn da verbringt Lovecraft, der sich nie von seinem Zuhause in Providence wegbewegen wollte, zwei Monate bei der Familie Barlow und freundet sich mit dem 13-jährigen Sohn der Familie an, mit dem er auch bei einigen Geschichten (u.a. The Night Ocean“) kollaboriert.

Auftritt Marian Willett, klar und vernünftig denkend und argumentierend (ein typischer HPL-Gegencharakter); ihr Mann Charlie, der ein erfolgreiches Buch über Lovecraft geschrieben hat, obsessiv recherchiert hat, ist vom Expertenhimmel in die Hoax-Hölle gefallen. Charlie hat herausgefunden, dass das Buch „Erotonomicon“, das angeblich Lovecrafts seltsames Sexleben beleuchtet, nicht von einem gewissen L. C. Spinks geschrieben worden sein konnte, obwohl dieser schon entlarvt worden war, weil er billige Rache an HPL nehmen hatte wollen. Charlie glaubt aber herausgefunden zu haben, dass das Buch nicht ein Spinks-Hoax ist, sondern von Barlow geschrieben wurde, der seinen Selbstmord vorgetäuscht hat. Mit dieser Grundthese publiziert er sein Buch „The Book of the Law of Love“, das sich erfolgreich verkauft – bis zu dem Zeitpunkt, da Spinks zu Wort kommt, der sich zu einem Doppel-Hoax bekennt. Charlie landet in der Psychiatrie und hat sich angeblich ertränkt. Marina reist nach Parry Sound und spricht mit Spinks. Wirklich aufgelöst werden die Rätsel nicht…

Klingt kompliziert? Ist es nicht wirklich, vor allem dann, wenn man ein bisschen über HPL, seine wenigen Freunde, seine zahlreichen Gegner weiß. Da werden Burroughs und Derleth und Pohl und Wollheim (um nur einige zu nennen) ganz locker eingebaut, da glaubt man, bei einem Fancon zu sein, da liest man eine spannende und gut geschriebene Geschichte, die so viele Anspielungen enthält, dass es eine Freude ist. Und irgendwer (La Farge?) hat sogar eine Website eröffnet, wo man das „Erotonomicon“ angeblich kaufen kann.

Darüber hinaus macht das Buch neugierig darauf, HPL wieder zu lesen (ich bin grad bei Charles Dexter Ward), vielleicht sogar auf Joshis Monumentalbiographie (1000+Seiten) über Lovecraft zurückzugreifen.

pp. 385

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
11.07.2017
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/newsletter-fuer-englisch/detail/the-night-ocean.html
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