UTB Profile. Das sollten Sie wissen! Denker und Themen im Profil: klar – knapp- konkret.

In dieser neuen Reihe von UTB hat auch der Reinhardt Verlag Titel veröffentlicht, die durch die Meisterung der Polaritäten Inhaltsfülle und Umfangsbeschränkung einerseits und Anschaulichkeit und hohes Niveau der Darstellung andererseits bestechen. Dem dient auch eine Hervorhebung von Kernaussagen...

..., Definitionen, Literaturhinweisen, Internetlinks.

Einige Beispiele dazu:

Biedert E (2008) Essstörungen. München Basel: E. Reinhardt.

Die Autorin lehrt an der Universität Basel im Bereich klinische Psychologie und Psychotherapie. Sie gibt einen Überblick über vier Kategorien der Essstörung: Die Anorexia Nervosa, die Bulimia Nervosa, die Binge Eating Disorder und eine heterogene Restkategorie. Skizziert wird das Erscheinungsbild, die Epidemiologie und Komorbidität inklusive Verlauf und Prognose, Klassifikation, Diagnose und Differentialdiagnose,, Erklärungsansätze, Störungstheorien und Modelle sowie Behandlungsmöglichkeiten mit vielen Literaturangaben. Auffallend ist, dass die Differenzierung zwischen den Kategorien leichter über die Symptomatologie als über die Ätiologie möglich scheint.

 

Preckel F und Brüll M (2008): Intelligenztests. München Basel: E. Reinhardt.

Prekel leitet an der Universität Trier die Abteilung für Hochbegabtenforschung und – förderung, Brüll ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in dieser Abteilung. Das Buch schildert zunächst die gängigsten Intelligenztheorien, wobei das abschließend angeführte Berlinder Intelligenz-Strukturmodell von Jäger als Integration der dargestellten Ansätze gelten kann. Die Frage Anlage oder Umwelt wird ebenso aufgegriffen wie die Frage der Entwicklung der Intelligenz im Lebenslauf und der Geschlechterunerschiede. Das zweite Kapitel befasst sich mit psychometrischen Tests, d.h. auf welchen Basisannahmen beruhen sie, wie konstruiert man sie, welche Möglichkeiten der Qualitätsbeurteilung von Tests gibt es angefangen von den Testgütekriterien, wie führt man einen derartigen Test durch und wertet ihn aus, wobei am Beispiel der Äquivalenzhypothese und der Regressionshypothese gezeigt wird, wie unterschiedlich die Zugänge zur Messung sein können. Im dritten Kapitel werden die Geschichte der Intelligenztestung, die Anwendungsmöglichkeiten, aber auch –grenzen diskutiert. Wertvoll auch die Kritik am Intelligenzbegriff: Er ist untrennbar mit Lernfähigkeit, einem bestimmten Kontext verbunden, stellt nur einen Verhaltenssauschnitt dar usw. Das Buch wird abgerundet durch die mit Qualitätsurteilen verknüpfte Darstellung gängiger Intelligenztestverfahren und ein ausführliches Beispiel, wie im Anwendungsfall mit Intelligenzdiagnostik umgegangen werden kann.

 

Woellert K und Schmiedebach H-P (2008): Sterbehilfe. München Basel: E. Reinhardt.

Die Autorin(wissenschaftliche Mitarbeiterin) und der Autor (Direktor) arbeiten am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin in Hamburg. Schon ihre Einführung wirft eine Reihe ethischer Fragen auf wie z.B: Wer über die Durchführung oder Nichtdurchführung medizinischer Maßnahmen am Lebensende entscheidet, wer beurteilen kann, wie es um die individuelle Lebensqualität bestellt ist, wie die Ressourceneinsatzfrage (kostspielige Mittel könnten ev. woanders besser eingesetzt werden) zu lösen sind . Außerdem wird der Unterschied zwischen teleologischem Ansatz (Folgenethik) und deontologischem Ansatz (Gesinnungsethik) angedeutet. Zunächst werden historische Einblicke gegeben, dabei zeigt sich schon zu beginn eine Begriffsunsicherheit, was unter Tod zu verstehen ist. Dann wird die aktuelle Begrifflichkeit skizziert und zwischen passiver, aktiver und indirekter Sterbehilfe unterschieden. Aber auch hier sind die Begriffsinhalte nicht scharf umrissen bzw. deren Aussagen nicht unwidersprochen, ebenso wie bei engerer und weiterer, freiwilliger, nicht-freiwilliger, unfreiwilliger Sterbehilfe, Selbsttötung, Tötung auf Verlangen, Sedierung am Lebensende. Wichtig ist eine Schwerpunktverschiebung: Statt dem üblichen medizinischen Behandlungsziel des Heilens und Leidminderns geht es am Lebensende um Leidminderung und Sterbebegleitung . Im folgenden Kapitel geht es um die Rechtslage zur Sterbehilfe, etwa um die Unterscheidung juristisch und ethisch in bestimmten Situationen zulässiger passiver und indirekter Sterbehilfe und der in jeder Hinsicht unvertretbaren und strafbaren aktiven Sterbehilfe und Tötung auf Verlangen. In acht Grundsätzen der Bundesärztekammer werden wesentliche Feststellungen zur ärztlichen Sterbegleitung getroffen. Dennoch gibt es noch viel Diskussionsstoff. Weitere wichtige Inhalte des Buches können aus Platzgründen nur mehr angeführt werden: Würde und Selbstbestimmung des sterbenden bzw. todkranken Menschen, Patientenautonomie, Meinungsbildung und Entscheidungsfindung, Therapien am Lebensende (Palliativmedizin, Hospiz). Ein sehr sachlich- informatives und zugleich berührendes Buch über ein ernstes Thema, mit dem sich jeder auseinander setzen muss.

 

Schredl M (2008): Traum. München Basel: E. Reinhardt.

Der Autor leitet die Abteilung Schlafforschung des Zentralinstituts für seelische Gesundheit.

Das Buch befasst sich mit Themen wie: Was ist ein Traum? Wie geht man mit den Unterschieden der Traumerinnerungen um, welche Werkzeuge der Traumforschung werden eingesetzt, was wird beim Träumen erlebt, welche Zusammenhänge bestehen zwischen Wachleben und Traum, welche Erkenntnisse liefert das Schlaflabor, welche Bedeutung haben Alpträume, luzide Träume? Was ist der Sinn und Nutzen von Träumen? Schon das erste Kapitel bringt eine interessante Neuorientierung: Es wird während der ganzen Schlafzeit geträumt, nicht nur in den Phasen mit rapid eye movements (REM-Schlaf). Im zweiten Kapitel wird auf verschiedene Annahmen hingewiesen (z.B. die Verdrängungshypothese, die Life-Style-Hypothese, die Interferenz-Hypothese bzw. ein komplexes Arousal-Retrieval- Modell), die erklären sollen, warum verschiedene Personen sich unterschiedlich gut an Träume erinnern können oder warum manche Träume besser behalten werden als andere. Auch auf Einflussfaktoren (z.B. Stress ) wird eingegangen. Das nächste Kapitel schildert Werkzeuge der Traumforschung wie Fragebögen, Interviews, Laborweckungen, Traumtagebücher, und geht besonders auf die inhaltsanalytische Auswertung ein. Im Kapitel 4 wird auf die verschiedenen Sinneseindrücke und auf geschlechtsspezifische Unterschiede eingegangen (Männer träumen z.B. öfters von der Arbeit bzw. von outdoor-Aktivitäten). Im Kapitel 5 wird ein Modell formuliert, das die Kontinuität zwischen Wacherlebnissen und Trauminhalten anhand einiger Variablen messbar zu machen versucht. Der Abschnitt über das Schlaflabor bringt interessante Zusammenhänge zwischen physiologischen Parametern und der psychischen Aktivität des Träumens. Spannend ist auch die Beschreibung kognitiv-therapeutischer Methoden zur Bewältigung von Alpträumen (z.B. das Umschreiben eines beängstigenden Traums). Im Folgenden werden Methoden zur Steigerung des luziden Träumens dargestellt. Das abschließende Kapitel resümiert Sinn und Nutzen der Träume in vielfacher Weise. Umfassend, spannend, aufschlussreich!

 

Veith H (2008): Sozialisation. München Basel: E. Reinhardt.

Der Autor lehrt Pädagogik an der Univesität Göttingen mit dem Themenschwerpunkt Sozialisationsforschung unter besonderer Berücksichtigung des Jugendalters. Die Frage, die sich die Sozialisationsforschung stellt , ist brisant: Wann fördert die Übernahme gesellschaftlicher Normen die individuelle Autonomie, wann schränkt sie diese ein? Der Autor stellt in den einzelnen Kapiteln entscheidende Fragen: Warum muss man sich sozialisieren, ist man zur Selbstbestimmung gezwungen? Wie beeinflusst uns die Gesellschaft? Welche Entwicklungsbedeutung hat die Familie? Was lernt man eigentlich in der Schule? Wie wichtig sind die Anderen? Wie entwickelt sich die Persönlichkeit? Was ist „normal“? Von Sozialisationstheoretikern wird die Notwendigkeit der Übernahme gesellschaftlicher Normen betont, damit das Individuum integrierbar ist und Individualität nicht zur Anarchie gerät. Soziale Bezugssysteme (Zweierbeziehungen, Gruppen, Netzwerke, Organisationen, organisierte Sozialisationsinstanzen – wie z.B. das Bildungssystem, Alltagswelt und Medienkultur) haben spezifische Effekte, ebenso die gesellschaftlichen Strukturen (Wirtschaftssystem, Politisches System, Soziale Systeme, Kultur), auch die soziale Lage und individuelle Lage (z.B. die frühe Ausbildung milieuspezifischer Wahrnehmungs- und Verhaltensformen) müssen bedacht werden. Familien sehen sich heute dem Balanceakt zwischen Individualisierungsbedürfnis und sozialen Koordinationsanforderungen besonders ausgesetzt, ihre unterschiedlichen Rollenstrukturen, ihr spezifischer Habitus bilden differentielle Einflüssgrößen, ebenso die Beziehungsdynamiken u.v.a.m. Die Schule kann als Vergesellschaftungskontext, aber auch als Ort der Persönlichkeitsentwicklung gesehen werden. Der Autor wirft in der Folge noch wichtige Fragen auf: Etwa, was bedeuten Peergruppe und Freundeskreis für die Sozialisation, wie wirken sich die modernen Kommunikationsmedien aus, ist die Virtualität Chance oder Gefahr? Ein weiteres Kapitel befasst sich mit den unterschiedlichen Facetten der Persönlichkeitsentwicklung. Abschließend wird die Normalität in Frage gestellt: „Normale“ Abläufe ändern sich, zum auswechselbaren Job verkommene Berufe und Partnerschaften mit Ausstiegsklausel entsichern „normale „ Erwartungen. Die eigene Biografie muss immer wieder neu abgefasst werden im Kampf um Neupositionierungen und Identitätsausrichtung. Genderfragen, oder noch differenzierter Diversity- Konzepte bringen „Normales“ in Bewegung, ebenso der immer mehr geforderte interkulturelle Dialog! Das Buch schließt mit Erklärungsversuchen zum anomischen (abweichenden) Verhalten. Alle Personen, die erzieherisch, unterrichtend, psychologisch, therapeutisch etc. besonders mit Sozialisation befasst sind, können aus diesem Buch viele Anregungen erhalten.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
10.10.2008
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/utb-profile-das-sollten-sie-wissen-denker-und-themen-im-profil-klar-knapp-konkret.html
Kostenpflichtig
nein