Hubert von Goisern präsentiert 7 Lieder für gemeinsames Singen an Österreichs Schulen

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Das Projekt des Österreichischen Volksliedwerks "Komm, wir singen!" forderte Schulen auf, Lieder für ein gemeinsames Repertoire vorzuschlagen, das künftig besonders propagiert und gepflegt werden soll.

v.li n.re: Else Schmidt, Lehrerin Haydn Gymnasium mit ihren Schülerinnen, Martin Waldauf FI für Musikerziehung Tirol, Anita Frühwirth Schulprojekt "Mit allen Sinnen", Hubert von Goisern, Josef Pühringer Präsident und Irene Egger Geschäftsleiterin Österr. Volksliedwerk

190 Lehrkräfte, 2040 SchülerInnen und 60 ReferentInnen und Ensembles haben sich an diesem Projekt beteiligt und insgesamt 400 Liedvorschläge eingebracht. Wichtig dabei war, dass die Lieder gerne gesungen werden, über einen längeren Zeitraum in Österreich bekannt sind und sich für den kreativen und interkulturellen Umgang im schulischen Umfeld eignen.
Der Schirmherr des Projekts, Hubert von Goisern, hat nun seine persönlich geprägte Auswahl getroffen.

Folgende 7 Lieder wurden von Hubert von Goisern ausgewählt:

  • O du lieber Augustin
    Die Melodie dieses Tanzliedes ist im deutschen Sprachraum bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zurückzuverfolgen. Bei der Geschichte des „lieben Augustin‘s“ handelt es sich um eine Legende rund um den Dudelsackpfeifer und Bänkelsänger Augustin Marx oder Marx Augustin (1643 - 1705). Erst der Wiener Sagensammler Moritz Bermann verband 1865 Melodie und Text zum heute bekannten Lied und veröffentlichte es in Alt und Neu Wien in Geschichten und Sagen für die reifere Jugend.

  • Der Weg zu mein’ Dirndle is stoanig
    Dieses im ganzen süddeutschen Raum verbreitete Gstanzllied gehört zu den Liebesliedern. Ein Großteil der österreichischen Volkslieder - sehr oft in Verbindung mit der Beschreibung des Almlebens - hat die Liebe in scherzhaftem Ton zum Inhalt. Schon Peter Rosegger kannte das Lied aus seiner Jugend und hat es 1872 erstmals mit dem Text: „Ich woaß nit, sull ich auffi, sull ich owi?“ veröffentlicht.

  • Hätt i di (Jodler)
    Dieser Jodler ist in vielen Varianten, unter vielerlei Namen (Hätt i di, håb i di“, „He i ti“, als „Hålterbua Jodler“ oder auch als „Hålt’ s Maul“) und zwei- bis mehrstimmig bekannt: Als „Echojodler“ bezeichnet gibt er am treffendsten die akustische Wahrnehmung wieder: Die 2. Stimme folgt wie bei einem Kanon prompt nach dem Starten der 1. Stimme. Die Jodlersilben unterstützen die Lautmalerei. 

  • Lära Brett (Jodler)
    Dieser Jodler wurde erstmals im Ausseerland 1899 von dem Industriellen Konrad Mautner aufgezeichnet und in seiner Liedsammlung „Steirisches Raspelwerk“ veröffentlicht. Der Jodler ist heute im ganzen Salzkammergut, in der Heimat von Hubert von Goisern und darüber hinaus verbreitet. Der Titel bezieht sich auf ein Brett aus Lärchenholz (lärchenes oder lära Brett), das nach Konrad Mautner genauso schwierig zu zersägen ist wie diesen Jodler zu singen.

  • Und jetzt gang i ans Petersbrünndele
    Petersbrünndele ist eine im deutschen Sprachraum auftretende Bezeichnung für Gasthäuser, Heilquellen oder öffentliche Brunnen. Für das Scherzlied kursieren sehr viele oft spontane Textvarianten. Als Stanabründl“ oder „D‘ Schiffleut“ wurde das Lied in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts von der Wienerliedsängerin Ady Rothmayer interpretiert. Unter dem Titel „When an Austrian went jodeling in the mountain so high“ ist heute auch eine englische Textfassung bekannt. Zum Lied gesellen sich unterschiedliche rhythmische Begleitungen durch Schnipsen, Schenkel schlagen, Stampfen oder Ellbogenstöße.

  • Gstanzlsingen nach verschiedenen Melodien
    Bei Gstanzl, Schnaderhüpfl und Vierzeiler handelt es sich um einen zwei- oder vierzeiligen Einstropher. Als eine der häufigsten Grundformen des Volksliedes in Österreich können Gstanzln ironisierte Weisheiten bzw. Empfehlungen beinhalten oder Begebenheiten und Personen aufs Korn nehmen.  Scherz und Spott sind dabei wesentlicher Bestandteil. Manchmal wird es von einem Ansinger spontan gedichtet und mit anschließendem Refrain von allen gesungen. Auch viele Liedtexte von Hubert von Goisern sind als Vierzeiler verfasst. In dieser Versform zu dichten und zu singen ist nicht nur in anderen Musikgattungen (Rap, Kunstlied, Kabarett, Couplet…) weit verbreitet, sondern auch in anderen Kulturen.

  • Amazing grace - A so a Segen (Text Hubert von Goisern)
    John Newton veröffentlichte seinen Text „Amazing Grace“ gemeinsam mit  William Coper 1779 in „The Olney Hymns“.  John Newton war Theologe, der vor seiner Berufung sich als Seefahrer und Sklavenhändler sein Geld verdiente. Der Text verbreitete sich anfangs mit unterschiedlichen Melodien als Kirchenlied. Seine Berühmtheit erlangte es im 19. Jahrhundert in den USA. Der Text „Amazing Grace“ in Verbindung mit der heute bekannten Melodie wurde das erste Mal unter dem Titel „New Britain“ 1835 in „The Southern Harmony and Musical Companion“, hg. von William Walker veröffentlicht. Heute ist das eines der bekanntesten Lieder im englischsprachigen Raum, tausendfach interpretiert; mehrfach ideologisch für die Durchsetzung von politischen, religiösen, herrschenden und unterdrückten Interessen verwendet, gilt es als Sinnbild für die Werte der christlichen, westlichen Welt. Doch seine Botschaft ist eine universelle, ein Aufruf zum Frieden unabhängig von Nation und Religion. Diese Botschaft findet sich auch im Text „A so a Segen“ von Hubert von Goisern wieder.

Die positive Wirksamkeit von Musik auf das Aneignen von Wissen, auf soziale und kognitive Kompetenzen und den eigenen Körper ist wissenschaftlich bewiesen. Singen hilft, die Stimme zu erheben, zuzuhören und Gemeinschaftssinn und Empathie zu entwickeln.


"Hätte mein Lehrer mir die Musik nicht als Entfaltungsraum geboten, wäre ich an meiner Schullaufbahn kläglich gscheitert. Mit dem Singen hat mein Leben begonnen" (Hubert von Goisern)

Bild: Konrad Fersterer

Aufruf zum Einstudieren dieser Lieder - mit finanzieller und inhaltlicher Unterstützung für Schulen

In den kommenden Schuljahren 2018-2020 sind alle österreichischen Schulen (aller Schulstufen und Schultypen) eingeladen, diese Lieder musikalisch in Form von Musik-, Tanz-, Rhythmus- oder Musiktheaterprojekten einzustudieren. Die Lieder können anders interpretiert, in anderen Sprachen oder gestalterisch sowie kulturgeschichtlich erarbeitet werden.

Die Volksliedwerke der Bundesländer unterstützen Schulen bei der Umsetzung der Projekte mit finanziellen Mitteln, entsprechendem Vermittlungsmaterial und ReferentInnen.
Kontakte finden Sie unter www.mit-allen-sinnen.at
Anregungen zu Interpretations- und Vermittlungsformen sowie Projektbeispiele finden Sie unter www.volksmusikland.at/lernen.

Gemeinsames Konzert mit Hubert von Goisern

Ende des Schuljahrs 2020 werden die Lieder in einem gemeinsamen Konzert mit Hubert von Goisern gesungen. Wenn Sie Interesse daran haben, dabei zu sein, bitte Ihre Ideen unter office@volksliedwerk.at bekannt geben, Ihnen werden dann Details zum Ablauf und Termin zugeschickt.

Das Österreichische Volksliedwerk ist der Dachverband der Volksliedwerke der Bundesländer. Seit seiner Gründung 1904 zählen Sammlung, Archivierung, Dokumentation und Vermittlung der musikalischen Volkskultur in vergangenen und gegenwärtigen Erscheinungsformen zu den Hauptaufgaben der Institution. 

www.volksliedwerk.at