Das Buch zum Anziehen

(c) Felix Heibeck

Das "Sensory Fiction"-Projekt des MIT Media Lab lässt Leser in die Gefühlswelt eines Buchcharakters abtauchen. Denn das Buch zum Anziehen macht es möglich, dass Leser die Emotionen der Figur am eigenen Körper spüren. Somit wird das Lesen von Büchern zu einer völlig neuen, interaktiven Erfahrung.

Haben Sie sich schon immer gefragt, wie sich wohl die kleine Ida gefühlt haben muss, als sie ihr Bruder Michel aus Lönneberga die Fahnenstange hinaufgezogen hat und sie bis nach Mariannelund sehen konnte? Oder wie die Herzen von Luise und Lotte in Erich Kästners "Das doppelte Lottchen" gepocht haben müssen, als sie einander zum ersten Mal gegenüberstanden? Vielleicht ist es in gar nicht all zu langer Zeit möglich, dass wir als Leser genau diese Empfindungen am eigenen Körper spüren! Denn Studenten des Media Lab des Massachusetts Istitute of Technology (MIT) haben einen ersten Prototyp entwickelt, mit dem man Bücher körperlich erleben kann!

Geschichte neu miterleben

Momentan gibt es ein "Fühlbuch", dessen Basis der Roman "The Girl Who Was Plugged In" darstellt. Die einzelnen Seiten des Buches sind in einen speziellen Hefter eingelegt, der zu jeder Zeit weiß, auf welcher Stelle des Buches man sich gerade befindet. Die Sensoren des Buches sind wiederum mit einer Weste verbunden, die der Leser währenddessen tragen muss. Im Laufe der Geschichte produziert das Buch Empfindungen, die dem der Charaktere gleichen.

Vibrieren, erwärmen, leuchten

Ist der Protagonist etwa verängstigt, pumpen sich Lufttaschen in der Weste auf, was beim Leser ein Engegefühl in der Brust erzeugt. Bei Aufregung beginnt die Weste zu vibrieren, um auch beim Leser die Herzschlagrate zu erhöhen und das Adrenalin durch den Körper zu schicken. Ist die Figur allerdings peinlich berührt, erwärmt sich die Weste, womit auch dem Leser die Röte in die Wangen schießt. Ist der Charakter jedoch traurig, verändern 100 LED-Lichter auf dem Buchumschlag ihre Farbe und Lichtstärke, um eine der Emotion nahekommende Stimmung zu erzeugen.

Flash ist Pflicht!

Buch der Zukunft?

Noch handelt es sich hier um ein Studentenprojekt und es ist weit davon entfernt ein echtes Produkt zu werden. Vielleicht ist das auch gut so? Der Autor Adam Roberts beispielsweise bezeichnet die Idee des Buches zum Anziehen als infantil: "Als würde man zu diesen Büchern zurückkehren, die wir für Kleinkinder kaufen - jene mit Knöpfen, die passende Soundeffekte erzeugen." Andere wiederum fürchten, dass "Sensory Fiction" ein ähnliches Schicksal droht, wie dem 3-D-Film. Nämlich dass es zu einer Aneinanderreihung aufregender Effekte wird, um welche eine Geschichte herumgebaut wurde. Felix Heibeck, Teil der Projektgruppe, versteht "Sensory Fiction" nicht als Produktidee, sondern vielmehr als Artefakt, der Diskussionen provozieren soll.

Was denken Sie? Wird das "Fühlbuch" das Buch der Zukunft?

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