Nutzung privater Hardware im Unterricht – Schülerbefragung an einem Gymnasium

Ein beträchtlicher Anteil der Schülerinnen und Schüler, die ein mobiles Gerät besitzen, ist bereit, dieses im Unterricht einzusetzen. Unterschiede in den Erwartungen zu Lernzielen zeigen sich vor allem zwischen der Gruppe der Nutzungswilligen und jener ohne mobiles digitales Endgerät.

Fragestellung Welche Möglichkeiten bietet die größtenteils flächendeckende, private Ausstattung mit digitalen Endgeräten für die schulische und unterrichtliche Nutzung?
Gerätekategorie Mobile digitale Endgeräte
Institution/Fach Schule, fächerübergreifend
Methode Empirische Studie, Schülerbefragung mit N=260

 

Medienpädagogische Herausforderungen und lernförderliche Potenziale

Die Rückführung positiver Effekte in Lernergebnissen lässt sich laut Studie nur schwer ausschließlich und kausal auf den Einsatz digitaler Medien zurückführen. Eher bewirke eine grundlegende Veränderung der Lernkultur, in Verbindung mit einer guten Ausstattung der Schule und medienpädagogisch gut ausgebildetem Lehrpersonal, eine solche mögliche Verbesserung.

Technische Entwicklungen

Letzte Bestandsaufnahmen aus dem Jahr 2006 zeigten für Deutschland eine im internationalen Vergleich noch verbesserungswürdige Ausstattung an Schulen mit digitalen Endgeräten. Der OECD-Schnitt weise ein Verhältnis von sechs Schülern pro Computer auf, während es in Deutschland elf Schüler pro digitales Endgerät seien.

Andererseits zeige die aktuelle JIM-Studie, dass deutsche Jugendliche ab der Sekundarstufe I oftmals bereits privat über ein digitales Endgerät verfügten und der häusliche Internet- und Computerzugang fast flächendeckend gewährleistet sei. Diese Zugänge würden nur selten für schulische Zwecke genutzt. Die Diskrepanz zwischen der sehr guten häuslichen Ausstattung und der kaum ausgeprägten schulischen Nutzung werde dadurch verstärkt, dass an deutschen Schulen oftmals die Nutzung digitaler Endgeräte verboten sei, um ungewollte nicht-schulische Nutzung einzudämmen.

Dennoch zählen die Autoren es zu den Aufgaben der Schulen, die digitalen Medien als Lernwerkzeug und Teil der sozialen Lebenswelt der Schüler in den Unterricht zu integrieren. Während es fast utopisch scheine, die sich stets erneuernden Technologien in entsprechenden Produktionszyklen ständig neu anzuschaffen und das Personal jeweils umfassend darauf zu schulen, stellen die Autoren, als eine mögliche Alternative, die Nutzung der bereits vorhandenen Ressourcen in Aussicht. Schüler könnten ihre eigenen Geräte in den Unterricht mitbringen und so könnte die flächendeckende und personalisierte Ausstattung ermöglicht werden.

Fallbeispiel Ratsgymnasium Minden

In den Klassen 6, 7 und 8 im Ratsgymnasium Minden wurde laut Bericht 2011 eine Umfrage durchgeführt, um zu ermitteln, ob die private Ausstattung mit digitalen Endgeräten für die unterrichtliche Nutzung ausreicht und welche Lernziele die Schüler bei der Nutzung digitaler Medien als besonders wichtig einschätzen. An der Paper-and-Pencil-Befragung nahmen, so die Autoren, insgesamt 260 Schüler teil, mit einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis. Die so ermittelten Ergebnisse werden im Folgenden kurz dargestellt.

Ausstattung mit digitalen Medien

Fast alle der Lernenden verfügten offenbar über einen häuslichen Computer mit Internetzugang. Der Besitz eines eigenen mobilen Computers nahm danach von Klasse 6 bis Klasse 8 kontinuierlich zu. 39 % aller teilnehmenden Schüler waren bereit, ihr mobiles Endgerät mit in die Schule zu bringen. Das entspräche einem Schüler-Computer-Verhältnis von 3:1. Bisher würden die nutzungswilligen Schüler am Ratsgymnasium Minden zu Klassen zusammengefasst, die somit über eine 1:1-Ausstattung verfügten, was zu den bekannten didaktischen und pädagogischen Vorteilen im Einsatz führte.

Lernerwartungen

Bei der Frage nach den gewünschten Lernzielen beim Einsatz digitaler Medien konnten laut Bericht die Schüler zwischen folgenden Antwortmöglichkeiten wählen, wobei es ebenfalls die Möglichkeit der Mehrfachauswahl gab:

 

  1. Bedienkompetenz erwerben
  2. Über die Gefahren des Internets aufgeklärt werden
  3. Digitale Medien zur Unterstützung des Lernen zu verwenden

Unterschiede wurden vor allem zwischen Jahrgängen und Teilgruppen sichtbar.

Laut Bericht wurde die Gruppe der nutzungswilligen Schüler mit der, die über gar kein mobiles Endgerät verfügt, verglichen, da im Hinblick auf häusliche Ausstattung die Gruppe bereits sehr homogen war und beide Gruppen somit extreme Varianten darstellten. In der Stufe 6 haben danach über 60 % der nutzungswilligen Schüler Interesse, digitale Medien zum Lernen zu verwenden, aber nur etwa die Hälfte derjenigen, die kein tragbares Gerät besaß. Diese Werte gingen wohl mit steigendem Jahrgang noch weiter auseinander – in Klasse 8 stünden sich hier 68 % und 44 % gegenüber.

Im Hinblick auf Bedienkompetenz schien das Bild genau entgegengesetzt. Die Schüler, die ihr Gerät auch mitbringen würden, sahen hier offensichtlich wenig Nachholbedarf, im Vergleich zu den Schülern ohne eigenes Gerät.

Zusammenfassend wurden folgende Schlüsse aus den Ergebnissen der Befragung gezogen:

  1. Schüler, die über mobile Endgeräte verfügen und diese auch im Unterricht zu nutzen bereit sind, schätzen ihre Bedienkompetenz höher ein und möchten den Computer zur Optimierung ihrer fachlichen Leistungen nutzen.
  2. Ist keine mobile Ausstattung vorhanden, steht das Bedürfnis nach besserer Bedienkompetenz im Vordergrund, damit einher geht offenbar eine geringe Bereitschaft, den Computer als Lernwerkzeug zu nutzen.
  3. Die Einschätzung, die eigene Bedienkompetenz verbessern zu müssen, senkt die Bereitschaft, vorhandene Ausstattung auch im Unterricht einzusetzen.

Daraus schließen die Autoren, dass die Bedientechnik eine Schlüsselqualifikation sei, die in schulischen Prozessen vermittelt werden müsse, um die Integration (privater) digitaler Hardware im Unterricht voranzutreiben.

Die Schüler, die bereit seien, ihr Gerät in der Schule zu nutzen, wünschten sich die Vermittlung von Bedienkompetenzen v. a. über die Einbindung in den Fachunterricht, über die Nutzung privater Hardware und durch Kurse zu Grundfertigkeiten.

Die Autoren ziehen das Fazit, dass es im Eigeninteresse der Schulen liegen sollte, für einen guten fachlichen Unterricht die Vermittlung von Medienkompetenzen zu integrieren. Die stetig wachsende private Ausstattung ermögliche Schülerinnen und Schülern den vermehrten Einsatz ihrer mobilen Endgeräte auch für Unterrichtszwecke. Hierfür sei aber das Abbauen von Berührungsängsten eine entscheidende Voraussetzung, bevor in einem weiteren Schritt Fragen zum technischen Support an den Schulen sowie die Einbindung der Geräte in eine schulische IT-Struktur, beantwortet werden müssen. Auch die Akzeptanz von Lehrern wird abschließend als integrales Moment für den Erfolg eines solchen Vorhabens thematisiert.

Heinen, R. & Kresse, M. (2011). „Nutzung privater Hardware im Unterricht – Schülerbefragung an einem Gymnasium“. Vom 2. Workshop „Lerninfrastruktur in Schulen: 1:1-Computing“.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
20.03.2014
Link
https://www.edugroup.at/innovation/tablets-mobiles/didaktik/aus-der-forschung/detail/nutzung-privater-hardware-im-unterricht-schuelerbefragung-an-einem-gymnasium.html?parentuid=216832&cHash=efa0b42656c0f0138e258a0f9cf94a73
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