Britische Konzepte der Psychosentherapie

Es ist erstaunlich, welche Fülle von Inhalt in dem schmalen Bändchen Platz findet. Alle Beiträge kreisen um ein Thema, das noch vor nicht so langer Zeit kein Thema zu sein hatte: Die psychotherapeutische Behandlung von Psychosen. Die Autorinnen und Autoren widmen sich dabei den Verdiensten der...

Buchtitel: Britische Konzepte der Psychosentherapie. Forum der psychoanalytischen Psychosentherapie.
Autorinnen: Mentzos S und Münch A
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Erschienen: 2007

...britischen Psychoanalyse um die Erforschung des noch wenig bekannten Terrains. Einige der wichtigsten Konzepte, die in diesem Buch angesprochen werden, seien beispielhaft angeführt: Die paranoid-schizoide und die depressive Position, ein Konzept, mit dem Melanie Klein ein für die Behandlung wichtiges Funktionsmodell der Psyche entwarf; die Weiterführung ihrer Gedanken durch H. Rosenfeld (z.B. Ausführungen zur projektiven Identifikation), durch H. Segal (z.B. mit der wichtigen Unterscheidung zwischen symbolischer Repräsentanz und der Gleichsetzung von Symbol und Symbolisiertem), W.R. Bion (z.B. die Unterscheidung zwischen neurotischem und psychotischem Modus, die integrationsfähigen alpha- und die noch „rohen“ beta-Elemente der Symbolbildung, das containment), die wichtigen Gedanken von D.W. Winnicott, wie die primäre Verrrücktheit und Machtillusion des Kindes, sein Bedürfnis nach Übergangsobjekten, die Störung der Entwicklung durch mangelnde Empathie oder durch eigene Aktionen unterbindende perfekte Sofortversorgung des Kindes durch die Mutter, die Bedeutung der Aggression für dass Erleben von Realität, sein dringender Appell Respekt vor dem Zentrum der Person und die dementsprechende Behutsamkeit im Umgang mit dem Selbst. Interessant auch die anschließende Diskussion, wie sehr Regression oder auch schon Abgrenzungsarbeit in der Psychosentherapie wichtig sind, weiters die Erörterung der intellektuellen reflexiven Ebene und der konkret- interaktiven Ebene. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit den pathologischen Auswirkungen von Bindungsstörungen durch traumatisierende Verluste, durch Missbrauch, Zurückweisung, wobei auch ein Licht auf die neurobiologischen Folgen von Bindungsstörungen geworfen wird. Wichtig z.B. der Hinweis auf die besonders bei Bindungsstörungen negativen Effekte einer im klinischen Bereich nicht seltenen Behandlerfluktuation. Ein weiterer Beitrag befasst sich mit dem Konzept der Mentalisierung, der Fähigkeit, hinter dem eigenen und fremden Verhalten den mentalen Zustand (Gedanken, Gefühle, affektive Lage ..) zu erkennen und zu begreifen. Beim sogenannten Äquivalenz-Modus wird kein Unterschied zwischen Innen und Außen gemacht; anders beim Als-ob-Modus. Ein weiterer Beitrag unterstreicht die Schwierigkeit des schizophrenen Patienten zu glauben, dass etwas der Fall ist. (Ein kleiner Hinweis: Auf Seite 97 wird Orwells Roman „1984“ erwähnt, hier schreibt die Übersetzung, dass die Hauptfigur Winston einen Raum angeboten bekäme, „wohin er mit seinem Liebhaber (sic!) gehen konnte“).

Abgeschlossen wird das Buch durch eine kurze Personenskizze eines sehr originellen und plastisch formulierenden Psychoanalytikers, Salomon Resnik, und seiner Beschreibung des inneren Raums, der notwendigen Atmosphäre, Atmung, Präsenz, Wärme, Licht, Bewegung. Man soll eine innere Perspektive entwickeln und sich ins eigene Fenster nach innen lehnen. Ein facettenreiches Buch.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
13.03.2008
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/britische-konzepte-der-psychosentherapie.html
Kostenpflichtig
nein