Buchtitel: Die Logotherapie Viktor Frankls und ihre Weiterentwicklungen. Eine Einführung in die sinnorientierte Psychotherapie.
Autorinnen: Riemeyer J
Verlag: Huber
Erschienen: 2007

...(Anthropologie, Wertlehre etc.) des Gründers der Logotherapie-Existenzanalyse. Typisch für ein weit verbreitetes Muster in der Logotherapie ist das Schema der Literaturangaben: Zunächst die Literatur von Frankl selbst (in dieser Positionierung drückt sich die zentrale Bedeutung aus, die dem Gründer nach wie vor gegeben wird), dann die sonstige zitierte Literatur und schließlich Literaturempfehlungen (wobei allerdings bei einer weiteren Auflage ergänzt werden sollte, in welcher Hinsicht und für welche Adressaten die Empfehlungen gelten sollen – z.B. als Vertiefung oder Weiterführung oder als Einstieg).

An manchen Stellen möchte der Leser eine Zwischenlandung unternehmen, um das gerade überflogene Gebiet näher zu betrachten, das ist auf der Hauptflugroute auch möglich (Darstellung des geistigen und biografischen Hintergrunds der klassischen Lehre der Logotherapie und Existenzanalyse, ihrer besonderen Stellung in der Psychotherapie, ihrer zentralen Aussagen u.v.a.m.). Den vulkanischen Landabschnitten, der Kritik an der Logotherapie, wird auch einige Zeit zur näheren Besichtigung eingeräumt: Riemeyer berichtet über gegenteilige Positionen und räumt deren teilweise Berechtigung auch da und dort ein, in den Turbulenzen von Behauptungen und Gegenbehauptungen gibt es allerdings manchmal auch emotionale Bekundungen statt argumentativer Orientierungs-Markierungen.

Insgesamt kann das Werk von Riemeyer als zur Diskussion herausfordernde, informative Lektüre gesehen werden. Das Buch beschreibt nämlich auch wichtige Weiterentwicklungen der Logotherapie-Existenzanalyse. Im gegebenen Rahmen muss natürlich die Darstellung dieser Weiterentwicklungen deren Hinterfragung überwiegen. Dabei wären Überlegungen dazu nicht unspannend: Hat z.B. der neue Ansatz von Längle und die von ihm pointierte auf dem Mutter- (oder besser: Vater-) Boden der Logotherapie stehende Personale Existenzanalyse tatsächlich die Sinnfrage aus dem Zentrum gerückt bzw. auf einen späteren Zeitpunkt – nach der ausgiebigen Beschäftigung mit den Grundmotiven- verschoben? Ist es nicht eher so, dass die Sinnfrage überall durchschimmert, wenn auch die Instrumentierung der Sinnerfahrung, Sinnfindung eine andere ist? Dass sich neue Wege ergeben, wenn man von einem gläubig-rationalen Realismus zu einem Konstruktivismus, der sich um empirische Fundierung bemüht, übergegangen ist?

Riemeyers Buch ist insgesamt ein engagiertes Lebenszeichen der Logotherapie-Existenzanalyse auch nach dem Tod der heraus ragenden Leitfigur. Denn es gelingt weitgehend, trotz ausgiebiger Wahrnehmung der Gründerpersönlichkeit Viktor Frankls auch den Blick auf eine fruchtbare Weiterentfaltung des sinnorientierten Ansatzes zu öffnen.