Familientherapie

Das Buch will das systemische Denken und die verschiedenen Formen der Familientherapie verständlich machen und liefert kompakte Information.

Buchtitel: Familientherapie
AutorInnen:
 Doherty W J u McDaniel S H 
Verlag: München: E. Reinhardt
Erschienen: 2012

Zum Inhalt

Im Kapitel 2 wird die geschichtliche Entwicklung nachgezeichnet: Die Anfänge mit dem von Bateson entwickelten Begriff der Schismogenese (könnte man übersetzen mit der Systementwicklung durch komplementäre oder symmetrische Reaktionen der Beziehungspartner), die Entwicklung der strukturellen Familientherapie durch Minuchin (Hauptanliegen: klare Grenzen zwischen den verschiedenen Subsystemen und zugleich ausreichende Durchlässigkeit. Daran zeigt sich die Anwendbarkeit sowohl bei unter- als auch überorganisierten Familiensystemen). Weiter die strategische Familientherapie,  die  von der  Hypnotherapie Ericksons beeinflusst Symptome als Metaphern betrachtet, die der einzige Ausweg in verfahrenen familiären Spannungen sind. Direkte Interventionen und vor allem der Einsatz von paradoxen Interventionen kennzeichnen diese Richtung. Demgegenüber akzentuierten die Modelle der zweiten Generation eine Lösungsorientierung (statt auf den Problemen liegt die Konzentration auf den Zielen und Ressourcen). Die sogenannten narrativen Therapien wollen Menschen von repressiven Geschichten in ihrem Leben befreien. Zur zweiten Generation zählen auch  psychoedukative Verfahren,  bei denen der Therapeut die mitbetroffenen Personen über Art der Erkrankung und deren Behandlung des Problemträgers aufklärt.

Die dritte Generation zeichnet sich durch einen multisystemischen bzw. multidimensionalen Ansatz aus. Die Legitimation für die Hereinnahme von therapeutischen Kenntnissen und Techniken aus unterschiedlichsten Bereichen erfolgt durch den Hinweis, dass komplexe Störungen auch komplexer Therapie bedürften.

Die Familientherapie hat ein sehr facettenreiches Verhältnis zur Theorie: Die narrative Richtung sieht in der Theorie ein repressives Werkzeug. Hingegen sind aber die klassischen Beobachtungskriterien nach wie vor faszinierende Konzepte:  Zusammenhalt und Individuation in der Familie, Anpassungsfähigkeit, Grenzen, Dreiecke (3-Personen-Konstellationen), Koalitionen zwischen den verschiedenen Familienmitgliedern,  die Weitergabe von zentralen Auffassungen an folgende Generationen, die Überzeugungsprozesse in der Familie, die Selbstprozesse, die Herausforderungen im Lebenszyklus der Familie. Darüber hinaus gibt es jüngere Konzepte, die die Rolle des Geschlechts, der Ethnizität betonen und auch größere Systeme ins Visier nehmen.

Die im Kapitel 4 beschriebene familientherapeutische Vorgangsweise bildet ein Kernstück des Buches: Die Funktion der Symptome, die Rolle des indizierten „Patienten“, der Tanz zwischen Verfolgern und Distanzierern, das wichtige Konzept der Triangulierung, die Frage der Möglichkeit von Kurztherapien, wichtige Techniken wie zirkuläres Fragen, Genogramm, Familienskulptur u. v. a. m. Die Familientherapie zeigt sich in verschiedenen Settings, gegenüber unterschiedlichen Störungsbildern und Patientengruppen gut evaluiert und sieht zukünftige Entwicklungen im Einsatz an Schulen, bei Gerichten, beim Militär, um nur drei Beispiele für viele neue Indikationen aufzuzählen.

Die Zusammenfassung reflektiert  die wichtigsten Fragen:  Wie entwickeln Individuen in Familien Symptome? Wie halten Familien ein gewisses Maß an zwischenmenschlicher Verbundenheit ein, das sowohl emotionale Bindung als auch Autonomie ermöglicht?  Wie kommt es, dass ein bestimmter Konflikt nicht mehr zu beherrschen ist? Wie können Familien dysfunktionale Muster ändern? Nähe – Distanz, Organisation der Familie, Kontext sind wichtige Foci der Reflexionen.

Das Buch liefert eine kompakte Information und ist eine wertvolle Wissensgrundlage für Versierte und Interessierte!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
14.11.2012
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/familientherapie.html
Kostenpflichtig
nein