Grundbegriffe der europäischen Geistesgeschichte

Das Werk besteht aus 10 kleinen Bänden, die zusammen in einer Schatulle die Themen Glück, Gerechtigkeit, Freiheit, Schönheit, Eros, Tod, Macht, Wahrheit, Arbeit, Krieg behandeln. Jeder der zehn schmalen Bändchen umfasst zwar „nur“ rund hundert Seiten, insgesamt ergibt sich damit aber ein Umfang...

Buchtitel: Grundbegriffe der europäischen Geistesgeschichte
Autorinnen: Liessmann K P
Verlag: facultas wuv
Erschienen: 2009

...von mehr als 1000 Seiten, auf denen Begriffe ausgebreitet werden, die eine starke affektive Resonanz hervorrufen und die Frage aufwerfen, wie sie in verschiedenen Zeitepochen betrachtet wurden und wie sie heute gesehen werden. Schade findet es der Rezensent, dass keine einleitende Bemerkung des Herausgebers erfolgt ist, z.B. die Auswahl und Pointierung der Begriffe begründend. Denn ebenso interessant wären – bei anderer Polung- die Begriffe Leid, Hass, Ewigkeit, Muße.. Oder Begriffe wie Vollkommenheit, Transzendenz, Mensch, Schuld.. Interessant wäre auch eine einleitende Bemerkung zu den Autorinnen und Autoren. Man kann freilich alle diese Überlegungen auch hintanstellen und das Werk als selbsterklärend verstehen, was es in gewisser Weise auch ist und noch mehr: Die in den Bänden eingebrachten originellen Perspektiven ziehen in Bann. Als Beispiel seien die Ausführungen von Heinrich zur Sprengkraft der Wahrheit genannt und zur unterschiedlichen Rolle der Wahrheit in Recht und Politik einerseits und in der Wissenschaft andererseits. So stellt Heinrich ja auch einleitend fest, es „steht statt der Wahrheit viel eher die Nutzbarkeit jenes Inhalts für vielfältige Zwecke oder Strategien im Vordergrund. Wissen ist dann nicht eine wahre und begründete Annahme, sondern ein instrumentalisierbarer kognitiver Inhalt.“ (S. 10). Als zweites Beispiel sei der am Ende des Bandes über die Freiheit empfohlene pragmatische Beschluss angeführt. Es geht um die Pattsituation, die sich ergibt, wenn man den Argumenten für die Freiheit das gleiche Gewicht zumisst wie den Argumenten für die Determination. Was tun, fragt Recki und die Autorin bringt die Empfehlung von Descartes ein, der sich in einer Vorkehrungsethik dafür ausspricht, in undurchsichtigen Situationen mit Handlungsdruck der wahrscheinlichsten Spur zu folgen, um aus dem Dickicht des Waldes heraus zu kommen, also eine Entscheidung zu fällen und damit auch konsequent zu leben. Auch Pascals Argument der Wette findet Erwähnung: Bei gleichermaßen wahrscheinlichen und im Fall des Nichtzutreffens folgenlosen Alternativen jene zu wählen, die auf den maximalen Gewinn, das Unendliche, setzt. Freilich ist dieses Argument bei genauerer Beobachtung nicht stichhältig, sofern die Ausrichtung auf das Unendliche mit einer religiös begründeten restriktiven Lebensführung gekoppelt wird. Reckis Schlussfolgerung, dass man angesichts einer möglichen Determiniertheit, die dennoch alles Argumentieren erlaubt und auch, dass wir ganz wir selbst sein können, gelassen sein kann in der Frage Freiheit oder Determination, ist sympathisch, lässt aber dennoch offen, ob eine nur erlebte, aber nicht tatsächliche, also eine einer subjektiven Fiktion unterliegende Freiheit und eine tatsächliche Freiheit gleichwertig sind.

Das Sammelwerk enthält viele Fragestellungen und provoziert zur eigenen Stellungnahme in wesentlichen Lebensbereichen. Dem Werk gelingt damit die Beweisführung, dass Philosophie sehr wohl die Welt verändert und nicht nur erklärt!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
21.12.2009
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/grundbegriffe-der-europaeischen-geistesgeschichte.html
Kostenpflichtig
nein