Interpersonelle Psychotherapie

Als eine der für die Entwicklung der Interpersonellen Therapie (IPT) maßgeblichen Entdeckungen kann man die Untersuchung von H. S. Sullivan betreffend die Entstehung von Angst bei Neugeorenen betrachten. Es zeigte sich, dass Neugeborene auf die Angst der emotional gestörten Mutter quasi mit...

Buchtitel:  Interpersonelle Psychotherapie. Reihe: Wege der Psychotherapie.
Autorinnen: Frank E u Levenson J C
Verlag: Reinhardt
Erschienen: 2011

...einem gelernten "Antwortverhalten" reagieren.(S 28). Die interpersonellen Erfahrung werden für die IPT maßgeblich für die Pathogenese der Depression, aber auch anderer Störungen angesehen. Die Ziele der IPT S 30-33) konzentrieren sich auf die interpersonellen Beziehungen einer Person und ihrer sozialen Rollen, bzw. Probleme mit Rollen und auf die Umstände, die die Depression herbei führen oder aufrecht erhalten. Dabei wird die Depression als Entwicklung von Symptomen und als soziale und interpersonelle Beziehung gesehen. Depression als persönliches Verhaltensmuster wird nicht fokussiert. Der Patient wird aufgeklärt über seine Erkrankung, diese Psychoedukation ist zentral für die IPT. Ebenso der Versuch, die interpersonellen Beziehungen besser zu machen. Frühkindliche Erfahrungen werden nur insofern verwertet, als ein relevanter Bezug zur Gegenwart besteht. Dies kann durch eine interpersonelle Inventur erfolgen. Die Probleme des Klienten werden einem der vier Problembereiche zugeordnet: Trauer, Rollenwechsel, Rollenkonflikt, interpersonelle Defizite. (S 34).

Interessanterweise wird in der IPT das Medizinische Modell mit einer klaren Zuweisung der Krankenrolle an den Patienten verwendet. Interessanterweise deshalb, weil man bei der Interpersonalität im Ansatz ein systemisches Modell erwarten würde. Die IPT sieht den Vorteil des Medizinischen Modell u. a. darin, dass die Zuweisung der Krankenrolle als Zustand zugleich die Abkopplung einer Auffassung von Persönlichkeitsmerkmalen als Ursache der Störung bedeutet (S 36). Die Krankenrolle macht den Patienten auch bereiter für medikamentöse Unterstützungen, die bei Depressionen besonders wichtig sind (S 37).

Therapeut und Klient verwenden die in der interpersonellen Inventur gesammelten Informationen, um die Behandlung auf einen Problembereich zu konzentrieren, der sich am besten auf die aktuellen Belange des Klienten bezieht. Der Therapeut meldet nicht nur - kollaborativ -zurück, wie er die Informationen sieht(S 43) , er übernimmt auch die Rolle eines Experten (S 54). Der Therapeut ist aktiv, erarbeitet mit dem Klienten neue interpersonelle Strategien, Konfliktlösungstaktiken, aber greift die negative Übertragung nicht auf, ebenso wenig intrapsychische Abwehren oder interne Konflikte. Störendes wird entweder als Folge der depressiven Erkrankung oder als interpersonelles Problem analysiert.

Die IPT kennt auch einige Adaptationen, z.B. die Erhaltungstherapie zur Rückfallvermeidung.

Die IPT weist aber auch - beschrieben im Kapitel 5 des Buches - positiv evaluierte Behandlungen von anderen Erkrankungen als Depression auf, es werden z.B. Substanzmissbrauch, Essstörungen, chronische Krankheiten u. v. a. m. als Indikationsfelder für die IPT angeführt. Im Kapitel 6 werden weitere Spezifikationsmöglichkeiten angeführt: Prävention von Übergewicht, Familienzentrierte IPT, IPT für traumatisierte depressive Frauen, IPT bei chronischen Schmerzen etc.

Das Buch ist sachlich geschrieben, sehr verständlich formuliert, enthält einleuchtende Argumentationen und anregende Fallbeispiele. Die Prämissen des interpersonellen Ansatzes werden klar geäußert und die daraus abgeleiteten therapeutischen Konsequenzen sind daher nachvollziehbar.

Empfehlenswert!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
06.01.2012
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/interpersonelle-psychotherapie.html
Kostenpflichtig
nein