Kindersprachtherapie

Akademische Sprachheilpädagogen, Klinische Linguisten, Patholinguisten, Logopäden, Atemlehrer, Sprechlehrer, Stimmlehrer, Sprachgestalter – eine verwirrende Fülle von Professionen, Zuständigkeiten, Kompetenzen. Dies macht die Zielsetzung des Buches verständlich:

Buchtitel: Kindersprachtherapie. Eine integrative Grundlegung.
Autorinnen: Baumgartner S
Verlag: München: Ernst Reinhardt.
Erschienen: 2007

Ein Linguistik, Medizin, Sprachheilpädagogik und Psychologie integrierendes Konzept einer wissenschaftlichen Sprachtherapie zu entwerfen – und gleich vorweg gesagt, das Buch erfüllt diese Zielsetzung mit Detail- und Perspektivenreichtum und zugleich mit einer prinzipiellen Ausrichtung, die trotz Detailliertheit Überblick ermöglicht. Nach der in den ersten fünf Kapiteln erfolgenden Thematisierung des Begriffs und Gegenstands der Kindersprachtherapie, der Prozess- und Zieldiagnostik, der Wissenschaftlichkeit der Kindersprachtherapie, der Kompetenzen, therapeutischen Stile und Haltungen des Kindersprachtherapeuten und seiner Ausbildung kommt es im Kapitel sechs zu einer Darlegung von Prinzipien der Kindersprachtherapie, die dann in den weiteren Kapiteln ausführlich dargestellt werden: Die Spracherwerbsorientierung, die Störungsorientierung, die Methodenorientierung, die Entwicklungsorientierung, die Orientierung an Person und Diversität, die Beziehungsorientierung, die Ressourcenorientierung, die Lehr- und Lernorientierung, die Kollaborationsorientierung und die Qualitätsorientierung. Die Darstellungen verraten profundes und zugleich breites Wissen des Autors. Die Ausführungen reichen vom Selbstkonzept bis zum sozial-kognitiv- behavioristischen Paradigma, vom konstruktivistischen Ansatz bis zur Neuropädagogik und sind so grundlegend, dass sie auch für Therapeuten außerhalb der Sprachtherapie Lesegewinn bedeuten. Aussagen wie:“ Sprachtherapie..ist begrenzt planbar, kontrollierbar, messbar, prognostizierbar; die Grenzen setzt die Prozesshaftigkeit des therapeutischen Geschehens..“ (S 104f) oder wie:“ Kinder mit Sprachstörungen benötigen..psychische Schlüsselressourcen, wie eine optimistische Lebenseinstellung..“(S 183) ließen sich unschwer von allen Methoden und Schulen der Kindertherapie unterschreiben. Man gewinnt freilich den Eindruck, dass die vielen Grundlagen die eigentliche Methodik der Sprachtherapie in den Hintergrund drängen. Es ist, als ob man einen Baum fotografieren möchte, doch die zahlreichen Anleitungen zur Motiverfassung, zum Zoomen, zur richtigen Fokussierung, zur Belichtung etc. lassen den Baum fast unwichtig werden. Es ist, um noch ein anderes Bild zu gebrauchen, die Stärke des Buches für ein vorhandenes und als bekannt voraus gesetztes Produkt (die Sprachtherapie) die vielen Platzierungsmöglichkeiten auf den unterschiedlichsten Regalen aufzuzeigen und attraktiv zu machen. Es werden daher zwei Gruppen von Lesern von diesem Buch besonders profitieren: Sprachtherapeuten, die ihr Wissen und Handeln in einen umfassenderen Kontext stellen möchten; Kinder-Therapeuten aller Richtungen und nicht nur Kinder-Therapeuten, die die Fundamente ihrer Tätigkeit von vielen Seiten integrativ hinterfragen und klären möchten. Bei spezifischem Interesse an sprachtherapeutischen Vorgehensweisen wird man vielleicht gut tun, zum ähnlich betitelten bereits in 5.Auflage erschienen Klassiker des Autors (gemeinsam herausgegeben mit Iris Füssenreich) „Sprachtherapie mit Kindern“ zu greifen, in dem umfassend auf Störungsbilder und sprachtherapeutische Behandlungswege eingegangen wird.

 

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
28.03.2008
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/kindersprachtherapie-eine-integrative-grundlegung.html
Kostenpflichtig
nein