Lehrbuch der Psychotraumatologie

Das Lehrbuch vermittelt im ersten Teil grundlegendes Wissen über die Psychotraumatologie , stellt ein Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung dar und demonstriert dessen Brauchbarkeit an einem Kapitel über differentielle Psychotraumatologie an objektiven Gegebenheiten...

Buchtitel: Lehrbuch der Psychotraumatologie
Autorinnen: Fischer G & Riedesser P
Verlag: München: Reinhardt UTB
Erschienen: 2009

...(Typologie traumatischer Situationen) und an subjektiven Gegebenheiten (wie Disposition, protektive Faktoren, Risikofaktoren, Abwehr-, Coping- und Persönlichkeitsstile), um dann auf therapeutische und präventive Maßnahmen einzugehen. Im zweiten Teil werden bestimmte traumatische Situationen beschrieben: Holocaust, Folter und Exil, Kindheitstrauma, Vergewaltigung, Gewaltkriminalität, Arbeitslosigkeit, lebensbedrohliche Erkrankung, Mobbing. Das Buch schließt mit einem Ausblick auf die Zukunft der Psychotraumatologie und Fragen der Ausbildung sowie mit einem sehr hilfreichen Glossar.

Trotz der schwierigen Thematik bleibt das Buch immer klar und verständlich, vermeidet eine komplizierte Theoriesprache und ist dennoch grundlegend. Drei kleine Anmerkungen: 1) Der Textbaustein zu den Risikofaktoren auf Seite 161f und der Textbaustein beim Abschnitt Risikofaktoren und protektive Faktoren in der Kindheitsentwicklung auf Seite 290f sind nahezu identisch, eine Korrektur ist relativ leicht setzbar. 2) Der ebenfalls auf den angeführten Seiten 161 bzw. 290 getroffene Bezeichnungs-Unterschied zwischen Risikofaktoren und traumatischen Situationsfaktoren ist m.E. nicht überzeugend. Da der Risikobegriff belastende Lebensumstände und Lebensereignisse, somit also auch – wie die Autoren selbst anmerken- traumatische Situationsfaktoren umfasst, ist eine gegenseitige Potenzierung von Menge und Untermenge schwer vorstellbar. Vielleicht sollte eher der im Risikobegriff enthaltene Terminus Lebensumstände betont werden, denn – hier überzeugen die Aussagen – kritische Ereignisse können sich auf belastetem Hintergrund sicher massiver auswirken, insofern steigern möglicherweise negative Umstände die fatalen Folgen von negativen Ereignissen. 3) Die interessanten Ausführungen zum Mobbing schließen auf Seite 377f mit Maßnahmen bei eingetretenem Mobbingprozess. Dabei wird relativ optimistisch davon ausgegangen, dass sich das System selbst reparieren kann bzw.will oder zumindest interessiert ist, einen externen Berater zur Konfliktlösung heran zu ziehen. Hier sollten einige Sätze dem Fall gewidmet werden, dass das Arbeit gebende System keine Interventionen setzt. Welche Hilfen können dem Mobbing –Opfer außerhalb empfohlen werden?

Insgesamt aber handelt es sich um ein hervorragendes Lehrbuch, das vor allem durch seine dialektisch- ökologischen Ansatz besticht: Nach dem Modell des Situationskreises von Uexküll, der das Zusammenwirken objektiver und subjektiver Faktoren im Rahmen seiner psychosomatischen Studien entwickelt hat, geht es darum, eine „systematische Kovariation zwischen traumatogenen Umweltfaktoren und subjektiven Verarbeitungsprozessen bzw. Verletzungsphänomenen aufzuzeigen“ (S.10). Der ökologische Zugang erklärt ein Phänomen aus dem Umweltbezug, hingegen bringt die Wahrnehmung der dialektischen Entwicklung des jeweiligen Phänomens die Subjektivität voll ins Spiel. Damit wird sowohl objektivistischer, als auch subjektivistischer Einseitigkeit vorgebeugt – eine Vorgangsweise, die sich auch in anderen Bereichen empfehlen würde (z.B. beim „Dilemma“, ob in der Psychotherapie den objektiven, traumatischen oder den subjektiven, konflikthaften Faktoren der Vorzug zu geben sei).

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
11.08.2009
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/lehrbuch-der-psychotraumatologie.html
Kostenpflichtig
nein