Mut – Über sich hinauswachsen

Man stelle sich vor, dass alle wichtigen Lebensfragen auf einem großen runden Tisch ausgebreitet werden. Nun nimmt man eine durch eine dieser Lebensfragen thematisch bestimmte Position ein und betrachtet aus dieser Perspektive die anderen Fragen.

Buchtitel: Mut – Über sich hinauswachsen
Autorinnen: Dick A
Verlag: Bern: Hans Huber.
Erschienen: 2010

Der besondere Blickwinkel in diesem Buch ist der Mut und die wichtigen Lebensthemen, die von dieser Warte aus betrachtet werden, reichen von der Überwindung von Ängsten, der Befreiung von Abhängigkeiten aller Art, der zur Hingebung bereiten Liebe, der Bewältigung existenzieller Krisen bis zum Mut zu sich selbst und zu seinen Träumen, Sehnsüchten und zu einem Glauben an Höheres. Wo immer man das Buch aufschlägt, es kommt einem eine Fülle von Anregungen und Überlegungen, von Zitaten aus der griechischen Mythologie oder aus dem Alten Testament, von Erörterungen der Existenzphilosophie oder von psychotherapeutischen Impulsen entgegen. Zusätzlich zu den durch die oben genannten Lebensthemen schon dargestellten Kapiteln des Buches gibt es noch einleitend eine Auseinandersetzung mit dem, was Mut ist und nicht ist, sowie in zwei Schlusskapiteln Vorschläge zur Entwicklung des Mutes und zur Kunst der Ermutigung. Leser/innen nehmen bei ihrer Fahrt durch das Thema Mut auch Interessantes auf Nebenplätzen wahr: Etwa, dass C.G. Jung eine geistige Vaterschaft für die Idee der Anonymen Alkoholiker für sich beanspruchen kann, weil er für die Befreiung aus der Abhängigkeit eine spirituelle Haltung der Offenheit für Höheres (das zugleich der hinter der Abhängigkeit tiefere Wunsch sei) vorschlug (S104f). Oder man erfährt, dass der Theologie und Philosoph Paul Tillich neben den Mut zur Individuation und den Mut zur Partizipation den Mut zur (Selbst-) Transzendenz einforderte ( S 39). Oder, dass Goethe in seinen orphischen Urworten die Hoffnung als beflügeltes Wesen die harten Mauern der Notwendigkeit überwinden lässt (S 143), Hoffnung, die Mut macht, aber selbst auch wieder Bedingung für den Mut ist.

Als kritische Anmerkung sei nur auf folgende Punkte verwiesen: In dieser Phänomenologie des Mutes kommen verschiedenste Ansätze zum Vorschein, allerdings wäre eine Angabe des jeweiligen Weltbildes, das hinter den Anregungen steckt, interessant, etwa bei Henning Köhler (er wird im Buch mehrmals mit seinem Vornamen zitiert) oder bei Paolo Coelho. Andererseits fehlen Denker des Absurden wie z.B. Albert Camus oder Emil Cioran. Von therapeutischer Seite würde sich Alfred Adler nicht nur eine Erwähnung als Vordenker von Viktor Frankl verdienen, sondern als Begründer einer Therapieschule, die sich besonders für Ermutigung gegenüber Minderwertigkeitsgefühlen und deren defizitären Bewältigungsformen eingesetzt hat.

Insgesamt aber eine sehr interessante Lektüre durch ihre Vielfalt und ihre ernsthafte, umfassende, aber nicht belehrende, sondern einladende, wohlwollende Anrede der Leserschaft!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
06.07.2010
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/mut-ueber-sich-hinauswachsen.html
Kostenpflichtig
nein