Mit Freude lernen ein Leben lang.

Der Göttinger Professor für Neurobiologie ist bereits mit etlichen wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Publikationen hervor getreten. So hat er z.B. einer deterministisch verstandenen neurobiologischen "Hardware" die neuronale Plastizität entgegen gestellt.


Autor: Hüther G

Verlag: Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht

Erschienen: 2016

Zum Inhalt

 

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist in sieben Kapitel unterteilt, deren Überschriften aus sieben Thesen gebildet werden, nämlich: 1) Die Evolution des Lebens ist eine fortschreitende Erweiterung der Lernfähigkeit lebender Systeme. 2) Lernen ist ein sich selbst organisierender Prozess zur Wiederherstellung von Kohärenz. 3) Lernen führt über die Herausbildung labiler Beziehungsmuster zur Ausformung stabiler Beziehungsstrukturen. 4) Gelernt werden kann nur das, was für ein Lebewesen bedeutsam ist. 5) Lernen ist ein auf vorangegangenen Lernerfahrungen aufbauender Prozess. 6) Kein Lebewesen kann etwas lernen ohne Anregung durch andere und ohne selbst mit dem, was es gelernt hat, andere zum Lernen anzuregen. 7) Nur Menschen können lernen, die Lernfähigkeit anderer zur Verfolgung eigener Ziele und Absichten zu benutzen.

Faszinierend ist dabei die "Zweisprachigkeit" des Autors. Z.B. beim Kapitel 2 (Seite 27 bis 32). Hüther vertritt die These, dass Störungen durch die Außenwelt einen erhöhten Energieverbrauch bewirken, der sich nach Einsetzen restaurativer, adaptiver Prozesse (mit durchaus gegebener Erweiterung des Kompensationsrepertoires) wieder normalisiert. Soweit eine allgemeine Betrachtung, fast philosophischer Art. Flink wechselt der Autor in die Fachsprache:"Im Fall einzelner Zellen kommt es durch die verringerteEffizienz energieabhängiger Ionentransportprozesse u.a. zu einer erhöhten energieabhängigen Akkumulation von Ca++-Ionen..." (Seite 28ff).  Ebenso schnell wird der Ãœbergang auf die phänomenologische Ebene vollzogen und das Beispiel mit dem Fahrschüler gebracht, der anfangs nach einer Fahrstunde erschöpft ist und erst nach Wiedergewinnung der Kohärenz die Anforderungen der Situation routiniert meistert. Der Wechsel der Ebenen und die flüssige, verständnisorientierte Ausdrucksweise machen die Lektüre zu einem anregenden Leseereignis.

Teil 2 untermauert durch verschiedene Beiträge (Aufsätze, Interviews, Vorträge) die 7 Thesen, z.B. wie sich alles, was lebendig ist, immer wieder neu erfindet. Oder die Bedeutung von Gefühlen für das Lernen (Seite 103 bis 112) - ein hinreißender Beitrag über die Auswirkung von Erfahrungen auf die Genexpression, über die Effekte von Vertrauen, Angst, Stress.!

Hüther hat mit diesem Buch einmal mehr unter Beweis gestellt, dass Wissensvermittlung den Leser dort abholen kann, wo er/sie sich befindet, und dies in einer Weise, die bereichert und geeignet ist, das Tor zu weiteren Entwicklungen aufzustoßen!

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
06.06.2016
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/naechte-lang-und-meilen-weit.html
Kostenpflichtig
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