Projekt: Unterricht. Projektunterricht und Professionalisierung in Lehrerbildung und Schulpraxis.

Das Buch bietet einen wichtigen Überblick über alle Fragen zu einer immer bedeutsamer werdenden Organisationsform des Lernens! Die detaillierten und pointierten Aussagen sind ermutigend und motivierend!

Buchtitel: Projekt: Unterricht. Projektunterricht und Professionalisierung in Lehrerbildung und Schulpraxis.
AutorInnen: Schumacher C, Rengstorf F u. Thomas C (Hg)
Verlag: Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Erschienen: 2013

Zum Inhalt

Der Projektunterricht ist trotz aller Kritik gegen diese spezifische Unterrichtsform eine schulische Realität geworden, auf die aber die Lehrerschaft nicht oder nicht ausreichend vorbereitet wird. So argumentieren die Herausgeber für die Notwendigkeit ihres Buches, dessen Aufbau im Vorwort eingehend dargestellt wird. Vereinfacht könnte man die Struktur des Werkes mit den Worten "Einst und jetzt", "Idee und Realisierung" und "Resümee" kennzeichnen, gemeint sind die aktuellen, aber auch die historischen Entwicklungslinien der Professionalisierung für Projektunterricht  sowie Seminar-Konzepte, Fortbildungskonzepte, Lerntheorien, Lehrerrolle, Lehrerhandeln und Optimierungen durch Qualitätsmanagement und Gestaltung der Lernumgebung und schließlich Projektkompetenz als Ziel zukunftsorientierter und medienbewusster Ausbildungsentwürfe.

Im ersten Teil besticht  ein "Professionalisierungsdreieck" als heuristischer Rahmen: Es geht um drei Reflexionen: über die Praxis, über die Wissenschaft und über die eigene Person (Seite 34), oder wie auch auf der folgenden Seite konkretisiert: Reflexion über Erfahrung (subjektive Lern- und Unterrichtstheorien), Erkenntnis (als Grundlage und als Vergleichsmaßstab -Idealkonzept) und Entwicklung (als Ausformung einer berufsbezogenen Identität und authentischen Verhaltensweise).Hervorzuheben ist auch die Einbeziehung der Projektpartner Lehrer und Schüler: Die Lehrer finden die Projektarbeit interessant und motivierend, aber auch planungsaufwendig und ungeeignet für die Vermittlung fachlicher Kompetenzen (Seite 69f). Bei den Schülern fällt auf, dass die Schülerpersönlichkeit eine entscheidende Rolle  bei der Bewertung des Projektunterrichts darstellt: Risikovermeider mit geringer Selbstwirksamkeitserwartung fühlen sich überfordert kund reagieren ängstlich, risikobereite hingegen freuen sich über die Herausforderung (Seite 70). Viele Schüler schätzen am Projektunterricht auch, dass er praxisnahe ist, Selbstbestimmung zulässt und ungeahnte Kräfte entfaltet - all dies, wenn angemessen unterstützt wird von Lehrerseite, sonst droht Überforderung (82).

Der zweite Teil bringt u. a. fünf wichtige Professionalisierungsbereiche, betreffend  Lehrerrolle und  pädagogisch-professionelles Handeln, Organisation und Management sowie Prozess- und Gruppendynamik von Projektunterricht, betreffend weiter die richtige Einschätzung selbstbestimmten Lernens und die reflexiver Heranziehung von wissenschaftlichen Modellen und subjektiver Lern- und Unterrichtstheorien (Seite 111ff) - zu letzteren gibt es interessante Forschungsbefunde wie z.B. dass Lehrer mit technologisch-kognitivistisch orientierten Lerntheorien Unterricht als Training und Unterweisung auffassen, während Lehrer mit subjektorientierten, konstruktivistisch orientierten Lerntheorien sich eher als Moderatoren und Berater verstehen (Seite 139). Die Lehrerrolle variiert vom Meister-Lehrlings-Verhältnis in der Unterrichtsform Lehrgang, von der Trainer-Mannschaftsbeziehung in der Unterrichtsform Training bis hin zur Forschergruppe in der Unterrichtsform Projekt, wo Erkundung, Problemlösung und Konstruktion in einer nicht-dualistischen Weise (Lehrer-Schüler) stattfindet (Seite 164f) und das Produkt , die Auftragserfüllung dem Prozess nicht übergeordnet ist wie im Projektmanagement, sondern Produkt und Prozess gleichwertig sind, wobei der Ausgangspunkt des Projekts ja kein Auftrag ist, sondern Fragen, Zweifel, Staunen (Seite 166f).

Im dritten Teil wird das forschende Lernen als besonders wichtig für die gemeinsame Berücksichtigung von didaktischer Planungsebene und schulentwicklungsbezogener Ebene. Durch die Digitalisierung wird der Begriff des Projektlernens neu gefasst als: Generelle soziale Organisationsform (des 21. Jahrhunderts), in der sich privates und öffentliches Leben, Lernen und Arbeiten vernetzen und die Projekte über die ursprüngliche Bestimmung als Unterrichtsform hinaus gehen und Rahmen- und Motivierungsfunktion erhalten (z.B. 248f; 252ff).

Damit sind nur einige der Inhalte stellvertretend für eine breite Auseinandersetzung mit dem Thema angeführt.

Wenn es etwas auszusetzen gibt, dann sind es manche Abbildungen, die textlich vollgeräumt sind (z.B. Seite 34), durch zu viele Faktoren überladen sind und kaum lesbar (Seite 191), riesengroße Ziffern und eine mikroskopisch kleine Beschriftung aufweisen ( Seite 204). Wenn dieses wichtige Buch selbstreferentiell auch Modellcharakter aufweisen soll, dann sollte die anschauliche Visualisierung, Superzeichenverwendung (statt Textausführung) bei den Grafiken modellhaft sein.

Das Buch bietet einen wichtigen Überblick über alle Fragen zu einer immer bedeutsamer werdenden Organisationsform des Lernens! Die detaillierten und pointierten Aussagen sind ermutigend und motivierend!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
16.09.2013
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/projekt-unterricht-projektunterricht-und-professionalisierung-in-lehrerbildung-und-schulpraxis.html
Kostenpflichtig
nein