Psychodrama-Therapie

Die beiden Autoren kennzeichnen ihre Position gleich im Vorwort: "Das Psychodrama wird zu den humanistischen, handlungs- und erlebnisorientierten Verfahren gerechnet und nimmt unter den verschiedenen Psychotherapieverfahren und Psychotherapieschulen eine integrative Stellung ein.

Buchtitel: Psychodrama-Therapie. Grundlagen, Methodik und  Anwendungsgebiete.
Autorinnen: Bender W u Stadler C
Verlag: Schattauer
Erschienen: 2012

Über die Aufdeckung und Bearbeitung unbewusster Motive bestehen Gemeinsamkeiten mit den psychodynamischen Verfahren, Das Einüben und die Veränderung von Rollen sowie den damit verbundenen Erlebens-, Denk- und Handlungsweisen verbindet Psychodrama mit der kognitiv- verhaltenstherapeutischen Therapie, die Erlebnisorientierung mit der Katathym-imaginativen Psychotherapie, der Gestalttherapie und den Körpertherapien. Darstellung und Analyse von Beziehungskonstellationen hat Psychodrama mit der Systemischen und Familientherapie gemeinsam und die Förderung des kreativen Potenzials mit der Kunsttherapie." Das Buch arbeitet nun das Proprium der psychodramatischen Therapie heraus: Im ersten Abschnitt wird das Verfahren dargestellt. Interessant ist die Begriffstrias Psychodrama, Soziometrie und Gruppenpsychotherapie , die Jakob Levi Moreno zusammengehörig empfand, wobei Soziometrie als Messung zwischenmenschlicher Systeme selbst wieder ein Teilbereich der Sozionomie (Lehre sozialer Beziehungen) ist wie auch Soziodynamik (Strukturen und Entwicklungen von Gruppen) und Soziatrie (Heilung bzw. Änderung von Gruppen und Systemen). Das alles schwingt mit beim Wort "Psychodrama", zu dessen eigentlichen Konstituenten die Kreativität des Menschen, die Spontaneität des Systems (seine adäquate Situationsberücksichtigung) gehören. Wichtig ist aber auch "Begegnung", das, was zwischen Menschen, Systemen etc. stattfindet. Und dazu gehört auch die Einbeziehung der Realbeziehung. Bedeutsam ist ebenso, dass der Mensch als Rollenspieler gesehen wird, der kategoriale Rollen (die Verkörperung bestimmter soziologisch normierter Erwartungen z.B. an einen Vater, eine Polizistin,..) individuell aktional interpretieren (und persönlich ausgestalten) kann (S 6; S 12). Seine innere Wirklichkeit soll daher in Szene gesetzt werden. Die geschichtlich/historische Nachzeichnung der Genese des Psychodramas überrascht mit dem hohen Anteil, den die Theologie zugemessen bekommt, für Moreno wurzelt die schöpferische, spontane und kreative Kraft des Menschen (die letztlich der Heilungsfaktor ist) in seiner Gottähnlichkeit, der damit verbundene Respekt vor den ebenso mit dieser Würde ausgezeichneten Mitmenschen äußert sich in der zentralen Bedeutung, die die zwischenmenschliche Begegnung erhält. Der Rückblick auf Morenos Werdegang zeigt einen originell denkenden und handelnden kreativen Menschen, der sich an den Rändern der Gesellschaft sozial engagierte , dabei immer soziatrisch eingestellt war: Das Objekt der Heilung ist die Gesellschaft! (S 14). Heilung ist gefordert, wenn der kreative Selbststeuerungsprozess blockiert ist und nur eine schlechte Anpassung möglich macht ( Kreativitäts- und Prozessorientierung) oder, wenn intra- und interrollen-Konflikte, Rollenmangelsyndrome etc. vorliegen (Rollentheorie). Das kann auf den Einzelnen angewendet werden wie auch auf Gruppen und Systeme. Im zweiten Abschnitt werden Instrumente (wie z.B. das Hilfs-Ich, der Protagonist), Arrangements (wie z.B. Identifikation mit einem Teil, soziometrische Gruppenbildung, Aufstellung, Skulptur, Einzelsetting), Techniken (wie z.B. Doppeln, Spiegeln, Spiel ohne Worte) anschaulich beschrieben. Abschnitt III gibt einen Überblick über die Anwendungsgebiete Schizophrenie und affektive Psychosen, Trauma, Krise und Belastung, Abhängigkeit und Sucht, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Störungen der Impulskontrolle, somatoforme Störungen, Angst- und depressive Erkrankungen, Paartherapie und Beziehungsklärungen, Prävention und Psychoedukation. Den vierten Abschnitt bilden Hinweise zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Der Anhang bringt einen interessanten Aspekt ein: die allgemeinen Fähigkeiten und die psychodrama-spezifischen Kompetenzen, die gefordert sind, wenn man Psychodrama ausüben will.

Das Buch hat ein definiertes Ziel und versteht es, durch den klaren Aufbau des Buches, durch die Konzentration auf Wesentliches und durch die anschaulichen Tabellen, Abbildungen, Fallbeispiele den Leser so zu begleiten, dass dieser auch an das Ziel gelangt: Kenntnis und Wertschätzung einer vielseitigen, engagierten, spontanen und kreativen Psychotherapiemethode namens Psychodrama!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
13.12.2011
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/psychodrama-therapie.html
Kostenpflichtig
nein