Schwerwiegende Bindungsstörung in der Kindheit

Über Bindung und Bindungsstörungen hat man doch schon viel gelesen – meint man, bis man dieses Buch in die Hand bekommt und damit einen faszinierenden Zugang zu befremdenden, verstörenden Verhaltens- und Reaktionsweisen von Kindern und Jugendlichen (und Erwachsenen). Das Buch schlägt zwei...

Buchtitel: Schwerwiegende Bindungsstörung in der Kindheit. Eine Anleitung zur praxisnahen Therapie.
Autorinnen:
Rygaard N P
Verlag:
Springer
Erschienen:
2006

...Brücken: Einerseits zwischen neuronalen, sensorischen und psychosozialen Faktoren (es wird gezeigt, wie antisoziale oder Borderline- Störungen, selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität etc. von Jugendlichen ihre Wurzeln in physiologisch bedingten Störungen der Informationsverarbeitung von Säuglinge, aber auch in labilen psychischen Versorgungsbedingungen haben können) – damit ist aber auch ein Frühzugang zur Behandlung sonst oft zu spät wahrgenommener Deviationen möglich. Andererseits wird auch eine Brücke zwischen individueller Disposition und gesellschaftlicher Situation hergestellt (z.B. wenn abrupte Veränderungen im sozialen Zusammenleben Adaptationsschwierigkeiten erzeugen, die sich dann als Unsicherheit im Umgang mit dem auf Konstanz und Sicherheit angewiesenen Individuum ausdrücken). Das Buch macht im 2.Kapitel verständlich wie es später zur konstatierten Abgrenzungsbrüchigkeit von Borderline- Personen kommen kann oder zur ungenügenden Figur-Hintergrund-Trennung bei aktivitätsgestörten Kindern, indem die Selbstorganisation vom physischen, sensorischen, sensumotorischen „Stadium“ zur Annahme einer Aufeinanderfolge verleitet, besser wäre die Bezeichnung „Entwicklungslinie“, denn dies lässt die Gleichzeitigkeit der Entwicklung zu). Die folgenden drei Kapitel kreisen um genetische, neuronale, sensorische, motorische Fragestellungen, die Wichtigkeit der Konstanz, den Aufbau von Regulationsfähigkeiten, die Grundlagen der Lernfähigkeit (wie z.B. die Gestaltbildung). Die darauf folgenden Kapitel widmen sich dem psychosozialen Schwerpunkt, angefangen von der Wichtigkeit der Konstanz für die emotionale Persönlichkeitsbildung, von milieutherapeutischen Maßnahmen (die deutlich von psychotherapeutischen Herangehensweisen getrennt werden) in verschiedenen Situationen (wie z.B. während der Schwangerschaft und nach der Geburt – hier imponieren die klaren Hinweise zu einem regressionstherapeutischen Vorgehen; Bindungsstörungen in der Klasse, Missbrauch u.v.a.m.).

Das Buch schließt mit grundsätzlichen und praktischen Empfehlungen für die Gestaltung eines therapeutischen Milieus, wobei immer auch Realismus anklingt (im ernüchternden Akzeptieren der eigenen therapeutischen Zugangsmöglichkeiten zu diesen tief greifenden Störungen), aber auch Hoffnung! Eine Lektüre mit hohem Informationsgewinn!

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
31.10.2007
Link
https://www.edugroup.at/bildung/paedagogen-paedagoginnen/rezensionen/detail/schwerwiegende-bindungsstoerung-in-der-kindheit.html
Kostenpflichtig
nein